Liebesgrüße nach Moskau

■ Russische Regierung nimmt das Angebot der EU für kostenlose Nahrungsmittelhilfe an. Für die EU rechnet sich diese Art von Großzügigkeit. FAO warnt vor Nahrungsmittelknappheit

Moskau/Berlin (AP/AFP/taz) – Wenige Tage nach Abschluß eines entsprechenden Abkommens mit den USA hat Rußland auch mit der EU eine Vereinbarung über Lebenmittelhilfen geschlossen. Demnach erhält die russische Regierung Nahrungsmittel im Wert von 400 Millionen Ecu (knapp 800 Millionen Mark) von der EU und darüber hinaus humanitäre Hilfe im Wert von zehn bis zwölf Millionen Ecu. Nach Angaben der EU- Kommission stellt sie die Lebensmittel kostenlos zur Verfügung und sorgt auch noch für die Lieferung bis zur russischen Grenze.

Die Welternährungsorganisation FAO warnte gestern vor einer drohenden Nahrungsmittelknappheit in Rußland. Die Getreideernte wird dem FAO-Bericht zufolge mit 50 Millionen Tonnen in diesem Jahr 43 Prozent niedriger ausfallen als im Vorjahr. Hauptverantwortlich dafür seien die Hitze und Trockenheit des vergangenen Sommers. Allerdings rechnet die FAO auch in den kommenden Jahren nicht mit einem Wiederanstieg der Getreideproduktion. Denn dafür seien die Investitionen im Agrarbereich viel zu gering.

Die FAO schätzt, daß Rußland mindestens vier Millionen Tonnen Getreide importieren muß, um den Verbrauch decken zu können. Vor allem im Norden und im Fernen Osten des Landes sei die Versorgung der Menschen in diesem Winter nicht gesichert. Die Vorräte sänken auf ein „kritisch niedriges Niveau“.

Die Nahrungsmittel aus der EU sollen an die russischen Verbraucher zum Marktwert verkauft werden. Die EU-Kommission kündigte Kontrollen an, damit die Nahrungsmittel auch wirklich den russischen Verbrauchern zugute kommen und nicht einfach wieder zu höheren Preisen reexportiert werden. Die Gewinne, die die Moskauer Regierung durch den Verkauf der Lebensmittel macht, sollen Sozialprogrammen zufließen.

Die EU-Kommission hatte zu Wochenbeginn angekündigt, eine Million Tonnen Weizen, bis zu 150.000 Tonnen Rindfleisch sowie Roggen, Schweinefleisch und Milchpulver für Rußland zur Verfügung zu stellen. Für die EU rechnet sich diese Art von Großzügigkeit durchaus. Weil angesichts der Krise in Asien und Rußland die Absatzmärkte der europäischen Landwirte eingebrochen sind, muß die EU die überschüssigen Agrarprodukte zum Interventionspreis aufkaufen und für viel Geld in Lagern bunkern. Die der russischen Regierung angebotenen Lebensmittel sollen aus diesen Lagern kommen. Die USA stellen Rußland 1,5 Millionen Tonnen Weizen und 600 Millionen Dollar Kredite zur Verfügung. lieb