piwik no script img

USA wollen Europa krumm biegen

Im Bananenstreit droht die US-Regierung der EU mit Sanktionen. Die Verwüstungen durch Hurrikan „Mitch“ in Lateinamerika spielen keine Rolle bei der Eskalation  ■ Von Reiner Metzger

Berlin (taz) – Strafzölle von 100 Prozent auf europäische Nahrungsmittel wie Champagner und Käse, aber auch Näh- oder Kaffeemaschinen – damit hat am Dienstag die Regierung in Washington gedroht. Die lange Liste soll spätestens im Frühjahr in Kraft treten und umfaßt Exporte der EU im Wert von ein bis zwei Milliarden Dollar jährlich. Auf ähnliche Höhe schätzen die USA ihren Verlust durch die Importbeschränkungen der EU aufgrund der Bananenmarktordnung. Mit der Eskalation soll der freie Handel für Bananen erzwungen werden. Dabei riskieren die Amerikaner trotz der Probleme der Weltwirtschaft ein Handelsgefecht mit ihrem engsten Verbündeten.

Die Europäer zeigten sich empört. Nicht so sehr über die Verärgerung der USA, denn die ist schließlich altbekannt. Vielmehr über die Begründung der Sanktionen: Die Bananenordnung widerspreche dem Welthandelsabkommen, hieß es in Washington. Das mag richtig sein oder nicht; eine Regel dieses Abkommens sagt jedoch, daß eine Nation niemals allein Strafen verhängen soll, sondern daß immer die zuständige Welthandelsorganisation (WTO) angerufen werden muß. Jacques Santer, der Präsident der EU- Kommission, schrieb deshalb gestern einen Brief an Bill Clinton und warnte ihn vor den Folgen eines „einseitigen Vorgehens“ der USA. Die Europäer würden ein Verfahren bei der WTO anstrengen, sollten die USA nicht Abstand von den Strafzöllen nehmen.

Der Katastrophen-Hurrikan „Mitch“ spielt dabei keine Rolle für die USA. Er hat zwar mehrere Länder verwüstet. Doch die Bananen für Europa stammen zu 90 Prozent aus den kaum betroffenen Ländern Ecuador, Panama, Costa Rica und Kolumbien. Und auch die Plantagen in Honduras werfen innerhalb eines Jahres wieder eine volle Ernte ab. Bananen wird es also weiterhin genug geben.

Die Bananenmarktordnung der EU wurde 1993 auf Drängen von Frankreich und Großbritannien in Kraft gesetzt. Sie setzt eine Mindestquote für Bananen aus den Ex- Kolonien in Afrika, der Karibik und im Pazifik (AKP-Staaten) fest. Diese Anbieter drohten von den US-Konzernen mit ihren hochgezüchteten Krummfrüchten aus lateinamerikanischen Großplantagen verdrängt zu werden. Seitdem betreiben die Bananenbosse in Washington Lobbyarbeit gegen die EU. Die WTO hatte in einem Schiedsspruch 1997 die Marktordnung als protektionistisch verurteilt. Die EU modifizierte daraufhin die Regeln: An den Importzöllen wird sich de facto kaum etwas ändern, allerdings wird nun nach Ansicht von Brüssel ein neues WTO-Verfahren fällig.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen