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Brennende Fragen nach Havarie

■ Umweltminister wollen Sicherheitsregeln für Nord- und Ostsee neu bewerten. Verkehrsministerium will strengere Regeln EU-weit prüfen, aber kein Ende der Billigschiffe

Hannover/Stuttgart (taz/AP) – Die deutschen Umweltminister wollen die internationalen Regelungen zur Sicherheit auf See überprüfen und eventuell weiterentwicklen. Damit soll der Schutz von Nord- und Ostsee verbessert werden, beschlossen sie gestern bei ihrer Konferenz in Stuttgart. Das Bundesverkehrsministerium kündigte an, bei der Einsatzleitgruppe (ELG) werde es „Konsequenzen geben.“ Der immer noch brennende Holzfrachter „Pallas“ vor Amrum sollte gestern abend endgültig gelöscht werden.

Die Umweltminister wollen Sicherheitsstandards für alle Frachter und entsprechende Qualifikationen der Besatzungen erreichen. Außerdem sollten Reeder für Umweltschäden und deren Bekämpfung haftbar sein. In den Tanks der „Pallas“ lagern noch rund 700 Tonnen Schwer- und Dieselöl. Neue Verschmutzungen hat es nach Angaben des Kieler Umweltministeriums aber nicht gegeben. Seit dem Stranden der „Pallas“ vor drei Wochen sind bis zu 60 Tonnen Öl ausgelaufen. Die Zahl der toten Vögel ist auf rund 7.500 angestiegen. Weitere 20.000 ölverschmierte Vögel leben noch an der Küste.

Bei der ELG sollen nach Aussagen von Michael Donnermeyer, dem Sprecher des Bundesverkehrsministeriums, die Entscheidungsstrukturen genau überprüft werden. Die Kommission, in der der Bundesverkehrsminister und die fünf Küstenländer vertreten sind, stehe seit Beginn des Bergungseinsatzes unter hohem Druck. Er könne „einen Eindruck der Überforderung der Gruppe nicht verhehlen“, sagte Donnermeyer. Die ELG habe während der Bergungsversuche zwar keine Anweisungen aus Bonn erhalten. „Dennoch drücken wir uns um keinerlei Verantwortlichkeiten“, sagte Donnermeyer. Schließlich seien bei den Bergungsversuchen, die schon vor dem Amtsantritt des Bundesverkehrsministers begonnen hätten, hauptsächlich zwei Schiffe des Bundes im Einsatz gewesen.

Künftig solle auf Dauer ein Hochseeschlepper für Einsätze in der Deutschen Bucht bereitstehen. Den Pachtvertrag für die „Oceanic“ habe Bundesverkehrsminister Franz Müntefering bis Ende Januar verlängert. Ein längerer Anschlußvertrag sei inzwischen öffentlich ausgeschrieben worden.

Alle Vorschläge der Umweltministerkonferenz zu einem neuen Sicherheitskonzept für die Deutsche Bucht will das Verkehrsministerium zunächst ernsthaft prüfen. „Schnellschüsse werde es nicht geben“, sagte Donnermeyer. Ernsthaft geprüft werde etwa, ein schärferes Küstenschutzrecht nach französischem Muster einzuführen, aufgrund der man bei Unfällen auf See auch früher gegen den Willen des Reeders eingreifen kann. Es sei auch richtig, Schiffe in schlechtem technischen Zustand und mit mangelhaft ausgebildeter Besatzung aus der Deutschen Bucht zu verbannen. „Allerdings ist nicht jedes Schiff mit einer Billigflagge gleich ein rostiger Schlepper“, sagte Donnermeyer. Diese Frage müsse auf europäischer Ebene geregelt werden, und dies solle in der Zeit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft geschehen. ü.o.

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