: Ein historischer Tag, und alles läuft – trotz Umzug
■ Das Bundespräsidialamt hat gestern in Berlin pünktlich die Arbeit aufgenommen
Berlin (taz) – Diese Stockwerk- Anzeige im neuen Aufzug! Roland Lohkamp könnt' sich beeumeln: Begeistert zeigt der Pressesprecher des Bundespräsidenten auf den kleinen digitalen Schirm im Lift. „Fahre zum Ziel“ wird schwarz auf grau angezeigt, als es zum dritten Stock des neuen Präsidialamts geht, „Öffne die Tür“. Hier hat der Neuberliner Lohkamp sein Büro: mit Blick auf die Siegessäule (!), was er unbedingt noch mal zeigen will.
Die Stimmung ist gut, es ist ein historischer Tag, wie Altbundeskanzler Helmut Kohl sagen würde: Das Bundespräsidialamt ist die erste oberste Bundesbehörde, die den Umzugsbeschluß umsetzt, mit dem der Bundestag vor sieben Jahren entschied, daß wesentliche Teile der Regierung von Bonn nach Berlin wechseln werden.
Gestern wurde der viergeschossige ovale Bau, bedeckt mit schwarzen Steintafeln, im Tiergarten seiner Bestimmung übergeben; würdig dabei Bundespräsident Roman Herzog mit Frau und Bundesbauminister Franz Müntefering, SPD-Politiker und Umzugsbeauftragter der Bundesregierung. Der katholische Dompropst Otto Riedel und der evangelische Superintendent Lothar Wittkopf bitten um den Segen für das Haus, „wir werden pünktlich in Berlin sein“, verkündet Müntefering.
Auch Lohkamp ist voll des Lobes. Der Umzug lief nach Plan, alles funktioniert, betont er: Das Gebäude ist fertig, die Telefonanlage steht, die Computer sind montiert – die etwa 150 Mitarbeiter des Hauses sind sogar in der Lage, selbst ihre Büros zu finden. Selbstverständlich sei das nicht. Denn die Orientierung fällt nicht leicht: Der ovale Bau mit elegantem, kühlem Innenraum in Schwarz und Weiß ist auch innen geschwungen und sehr einheitlich gestaltet.
Da helfen zwei schachbrett- große Keramikkacheln an den weißen Wänden: neben jeder Tür der 120 Büros eine andere Farbkombination. Lohkamp zum Beispiel hat Blau-Rot, das habe er sich schon gemerkt, so finde er schnell sein Zimmer: Geräumig und schön seien sie, sagt er, als er die schwarzen Schrankwände seines Büros öffnet, schon gefüllt mit Aktenordnern. In jedem Büro, in die die Mitarbeiter des Amtes am Wochenende mit ihren Papieren ziehen mußten, stand zum Empfang schon ein Weihnachtsstern.
„Wieso haben Sie hier drei Lampen?“ fragt er seinen Kollegen Ulf Bauer, ein paar Zimmer weiter. Klar könne er sich eine mitnehmen, meint der – auch sein Büro hat ein Fenster zum Park. Alle arbeiteten an den gleichen schwarzen Schreibtischen, nur Abteilungsleiter hätten noch einen Besprechungstisch, erklärt Bauer.
Seit eineinhalb Jahren ist er im Präsidialamt tätig, am Tiergarten, „zehn Minuten zu Fuß“, hat er eine Wohnung gefunden, in der er jetzt mit zwei anderen Bonnern, einem Beamten aus dem Auswärtigen Amt und einem Kollegen aus dem Präsidialamt, einziehen wird. Gemeinsam sind sie von Donnerstag auf Freitag mit einem Laster und ihren Siebensachen von Bonn über Gütersloh nach Berlin gebrummt – „mit 90 Stundenkilometern“, wie Bauer bemängelt.
In nur zwei Tagen ist das Amt umgezogen, am Donnerstag und Freitag vergangener Woche fuhren die Umzugswagen, das Wochenende über hatten die Mitarbeiter Zeit, ihre Büros einzurichten. In dem ein oder anderen Büro stehen noch ein paar Kartons, neugierig inspizieren Bauer und Lohkamp ihr neues berufliches Zuhause – „das müßte das nächste WC sein“, meint Lohkamp beim Öffnen einer Tür: innen wieder alles in Schwarzweiß und eine Dusche. Nützlich zu Empfängen nach der Arbeit, erklärt Bauer.
In jedem Zimmer, selbst im winzigen Kopierraum, sind Telefone, alle sind schon angeschlossen. Zurück im Büro, zeigt Lohkamp amüsiert seinem Kollegen (das dürfe man bei all dem Trubel nicht versäumen) ein Foto aus dem Spiegel: Herzog mit rotem Arafat-Schal auf dem Kopf – wirklich alles läuft trotz Umzug weiter wie gehabt. Philipp Gessler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen