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Neue Selbsthilfegruppe aus Anlaß der Silikon-Debatte / Interview mit Initiatorin

Ursula Schielcke (Veranstalterin obiger Veranstaltung) und die „Unabhängige Patientenberatung“ haben eine neue Bremer Selbsthilfegruppe ins Leben gerufen. Darüber sprach die taz mit der Initiatorin.

taz: Frau Schielcke, Sie sind selbst „Silikon-Betroffene“, aber Ihre Gruppe heißt allgemeiner „Frau und Medizin“. Warum?

Weil ich erkannt habe, daß viele Frauen mit Krankheit und Medizin Probleme haben. Die gesundheitsschädlichen Folgen von Silikonimplantaten sind eine Folge davon. Es geht mir darum, festgefahrene Strukturen aufzubrechen: Da haben einerseits Ärzte das Bild von der Frau als stiller Patientin, und die Frauen ihrerseits reden lieber über Ärzte als mit ihnen. Außerdem mangelt es der Ärzteschaft massiv an Fort- und Weiterbildung. Hier muß es gezielten Druck geben.

Nehmen wir mal Silikon. Bei der Entscheidung für ein Implantat, wie es in der Schönheitschirurgie in den USA 1993 verboten wurde, sind Frauen doch beteiligt.

Die Frauen sind meist in einer akuten Notsituation und haben ein Problem. Eines mit der eigenen Körperlichkeit oder eines mit der gesellschaftlichen Norm. Die Modewelt wird ja immer unbekleideter, Frauen unterliegen Zwängen, sich anzupassen.

Das kann man doch wohl schlecht den Ärzten vorwerfen.

Es sind auch andere beteiligt. Wie schnell heißt es, „geh doch mal zum Arzt, da kann man doch was machen.“ Aber anstatt Frauen darin zu unterstützen, sich der Norm nicht anzupassen, wird oft ohne Not und medizinische Indikation operiert.

Liegt die Sache bei einer Brustkrebsdiagnose nicht anders?

Kein bißchen. In dem Moment, wenn Frauen eine Krebsdiagnose bekommen, werden sie schon mit dem Thema Brustaufbau konfrontiert – was eigentlich erst nach der Operation zum Thema werden dürfte. Man nützt diesen Moment aus und suggeriert, brusterhaltend zu operieren. Die Frauen bekommen Angst, daß sonst die Brust amputiert wird. Wie jeder clevere Geschäftsmann hat der Arzt hier die Gelegenheit, der Frau alles zu verkaufen. Und die Kasse zahlt auch noch.

Halten Sie das Geld für den Antrieb der Mediziner?

Ich halte viele für korrupt. Das bestätigt in meinen Augen auch das Schreiben eines Herstellers. Darin steht, „wir haben unsere Implantate in kooperativer Zusammenarbeit mit Medizinern und Partienten ständig weiterentwickelt.“ Ich kenne keine Patientin, die je an einem „Kooperationsplan“ beteiligt war. Es müßte wohl heißen: Wir haben unsere Implantate so entwickelt, wie wir sie am besten verkaufen können. Man muß auch aufzeigen, daß die wenigsten Ärzte die Folgen ihrer Operationen kennen. Die Chirurgie ist im Grunde doch abgeschlossen, sobald die Narben verheilt sind. Kaum ein Chirurg weiß, ob die Frauen später Beschwerden haben. Er hat vom Fach her nichts damit zu tun. Er behandelt die körperlichen Beschwerden nicht mehr.

Was muß aus Ihrer Sicht als nächstes passieren?

Alle Fachdisziplinen, bei denen Frauen Beschwerden anmelden – und die sind bekanntlich so vielfältig, wie die Implantate – müssen zusammenarbeiten. Außerdem brauchen wir dringend ein Referenzzentrum, um über die Zahl und die Vielfalt der Beschwerden eine Übersicht zu bekommen. Fragen: E. Rhode

Weitere Inormationen, Patientenberatung Tel.: 347 7374

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