: Der Innensenator und die Brandstifter
■ Die Feuerwehr fackelt mitten in Berlin Wohnzimmer ab – und Innensenator Werthebach gefällt's!
Ein Container der Berliner Stadtreinigung in Flammen, mitten in Berlin, vor dem Roten Rathaus! Der neue Innensenator Eckart Werthebach („Mut zur Intoleranz“) steht daneben, schaut zu! Terror von Linksautonomen? Eine zweite Novemberrevolution?
Mitnichten. Das Abfackeln des Müllcontainers besorgt die Berliner Feuerwehr höchstpersönlich. Motiv für das feurige Vergnügen: Die Warnung vor Weihnachtsbränden. Die können, mahnt Landesbranddirektor Albrecht Broemme, zum Beispiel dann entstehen, wenn man Kerzen anzündet und dann das Haus verläßt.
Um den gemeinen Berliner zu inspirieren, was er alles anrichten könnte, hat man also ratzfatz einen Container als Wohnzimmer eingerichtet und „auf Zimmertemperatur vorgeheizt“: alles in Hellbraun und Sperrholz – ein Interieur also, das einen würdigen Raub der Flammen abgibt, sich andererseits in jedem zweiten Hellersdorfer Haushalt finden dürfte.
„Es geht los, das Herz der Feuerwehr schlägt höher“, kommentiert der Landesbranddirektor, als der mager geschmückte Weihnachtsbaum in Brand gesteckt wird. Wie schnell, wie rasant er abbrennt! Doch keine Sorge: Schon ist der „Angriffstrupp mit dem Schnellangriffsschlauch“ da. Es stinkt zum Himmel, bis der Brand gelöscht und der letzte „Innenangriff“ gewonnen ist. „Solange es noch irgendwo glimmt, kommen immer nicht ganz ungefährliche Folgen heraus“, sagt Broemme.
Der oberste Dienstherr gibt sich ob dieser Blitzkriegstrategie sichtlich beeindruckt. „Schnell und kompetent“, laute das Motto der Berliner Feuerwehr. „Schnell und kompetent“, nach diesem Leitsatz wolle auch er als Innensenator seinen Dienst verrichten. „Wenn man den Mut hat, die Feuerwehr schnell zu rufen, dann kann auch schnell gelöscht werden“, philosophiert Werthebach.
Also, Berliner: Traut euch ruhig! Ohnehin bildet die Rubrik „Fehlalarm“ mit 52.500 Fällen den zweitgrößten Posten unter den jährlich insgesamt 255.000 Einsätzen der Feuerwehr. Einen einzigen Christbaumbrand gab es im vergangenen Winter, immerhin 50 Adventskränze begannen zu kokeln. „Für eine Großstadt wie Berlin ist das wahrlich nichts Besonderes“, meint einer der rund 4.400 Berliner Feuerwehrmänner. Im Anschluß stellt Broemme noch den neuen Höhenrettungsdienst vor, „alles Hobbybergsteiger“. Sie seilen sich von den Giebeln des Roten Rathauses ab. Aber das ist dann schon ein anderer Brandherd. Andreas Spannbauer
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