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Euro-Land reicht bis nach Afrika

Über Frankreich werden indirekt auch 14 afrikanische Staaten Mitglied der Währungsunion, denn ihre Währungen ist bislang an den Franc gekoppelt  ■ Aus Paris Dorothea Hahn

Auch wenn der Franc in Europa verschwindet – in Afrika wird er weiterleben. Denn die 14 zentral- und westafrikanischen Länder, deren Währung bislang an den französischen Franc gekoppelt ist, werden den alten Namen auch nach dem 1. Januar 1999 behalten. Der „CFA-Franc“ bekommt bloß eine andere Leitwährung: den Euro. Die EU übernimmt damit eine koloniale Altlast Frankreichs. Für die betroffenen Länder hingegen, die wie üblich nicht um ihre Meinung gefragt wurden, ändere sich nichts, versichert die französische Regierung.

In Afrika wollen nur wenige diese Beteuerung glauben. Bei den Regierungen, die seit Jahrzehnten von den finanziellen Vorteilen des CFA-Franc profitieren, befürchten manche, daß Frankreich sie schlicht loswerden will. Einzelne Oppositionelle und Wirtschaftswissenschaftler hingegen halten die Gelegenheit für günstig, um die regionale Wirtschaften „endlich“ auf eigene Füße zu stellen. Der Rat der europäischen Finanzminister hat Frankreich vergangene Woche nach langen Diskussionen gestattet, die „Communeauté financière africaine“ (CFA) beizubehalten. Voraussetzung: Paris verwaltet die afrikanische Währung wie einen internen Finanzposten in seiner eigenen Staatskasse und informiert EU und Europäische Zentralbank regelmäßig. Bloß bei Vertragsveränderungen im CFA-Kreis behält sich die EU das letzte Wort vor.

Für den Elysée-Palast ist damit alles geregelt. „Die EU-Partner sind vom CFA-Franc nicht betroffen“, heißt es am Sitz des französischen Staatspräsidenten. „Die Dinge sind einfach: Solange diese Länder ein Interesse am CFA- Franc haben, der ihnen Stabilität und Sicherheit vor Wechselkursrisiken gibt, sehen wir keine Veranlassung, etwas zu ändern.“

Denn offiziell behält Frankreich den CFA-Francs in den 14 Ländern nur deshalb bei, weil „die Afrikaner das wünschen“. Zu dem Kreis gehören: Äquatorialguinea, Benin, Burkina Faso, Elfenbeinküste, Gabun, Guinea-Bissao, Kamerun, Kongo-Brazzaville, Mali, Niger, Senegal, Togo, Tschad und Zentralafrika – sowie die Komoren, die einen Sonderstatus haben. Tatsächlich aber fallen alle wesentlichen Entscheidungen über den CFA-Francs, der Anfang der 60er gleichzeitig mit der Entkolonialisierung eingeführt wurde, aber in Paris. Auch die massive Abwertung um 50 Prozent vor vier Jahren war ein Resultat der Pariser Sparpolitik. Die Hungerrevolten, die in mehreren Ländern unmittelbar nach der Abwertung einsetzten, gehören der Verhangenheit an. Nicht jedoch die Verschiebung französischer Hilfsgelder von CFA-Ländern auf Schweizer Banken, von der neben den afrikanischen Potentanten auch französische Parteien profitieren.

Diese gedeihliche Zusammenarbeit ist einer der Hauptgründe, weshalb keine Regierung eines CFA-Lands die Wechselkursanbindung aufgeben will. Doch bei dem 20. franco-afrikanischen Gipfel, der gestern abend in Paris im kleinen Kreis von 20 engen Freunden begann und heute und morgen im großen Kreis von 49 afrikanischen Teilnehmerländern, plus UNO und OAU weitergeht, steht das Thema nicht auf der offiziellen Tagesordnung.

Offen sprach nur einer, der aus Protest gegen Frankreichs Afrikapolitik dieses Mal nicht nach Paris kommt, die befürchtete neue Abwertung und schleichende Abkoppelung an. Der langjährige Herrscher vom Gabun, Omar Bongo, drohte: „Wenn es eine neue Abwertung des CFA geben sollte, werde ich alles dafür tun, daß Zentral- und Westafrika eine eigene Währung schaffen.“

Möglicherweise liegt genau das im Interesse der französischen Regierung. Seit einigen Jahren ermuntert sie die afrikanischen Länder zur Schaffung eigener Wirtschaftsräume. Die Gründung von zwei regionalen Gemeinschaften in der CFA-Zone allerdings hat deren Binnenmarkt bislang nicht wesentlich intensiviert. Fast der komplette Handel der CFA-Länder geht über Frankreich.

Während auch viele afrikanische Oppositionelle sich an den CFA-Franc „gewöhnt“ haben, sich „nichts anderes vorstellen können“ und Sorge vor Unruhen bei einer Abkoppelung haben, hält der Pariser Wirtschaftswissenschafler und Afrikaexperte François-Xavier Verschave genau das für längst überfällig.

Statt die Entwicklung eigener Produktionen in Afrika zu fördern, habe der CFA-Franc sie verhindert. „Eine Währung“, so Verschawe, „muß in einer Beziehung zum makroökonomischen Funktionieren einer Region stehen. Aber der CFA-Francs hat nichts mit Afrika, sondern nur mit Europa zu tun.“

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