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3000 Kinoplätze fürs Millerntor

Schwedischer Investor will Unterhaltungszentrum als Tor zur Reeperbahn  ■ Von Gernot Knödler

Die Entwickler des urban entertainment centers am Millerntor (taz hamburg berichtete) haben ihr Projekt gestern der Interessengemeinschaft St. Pauli vorgestellt. Der wie eine Festung wirkende Gebäudekomplex auf dem Gelände des Mojo-Clubs solle mit seinen Türmen eine Art Tor zu St. Pauli bilden, erläuterte der kalifornische Architekt David Rogers.

Das urban entertainment center, das Gegenstück zur am anderen Ende der Reeperbahn geplanten „Kleinen Freiheit“, soll gewaltige Ausmaße haben: Das Zentrum bildet nach jetzigen Planungen ein rund 65 Meter hoher Hotelturm mit 120 Zimmern – der Michel ist doppelt so hoch. Halbrund begrenzt das Hotel die Südseite eines Atriums, um das sich verschieden hohe Tortenstücke mit insgesamt 15.000 Quadratmetern Fläche für Läden, Restaurants und Unterhaltungsbetriebe versammeln. Auf der Südspitze des Grundstücks, zum Hafenkrankenhaus hin, ist ein Multiplex-Kino mit bis zu zehn Sälen und 2.500 Plätzen geplant. Darüber soll sich die große Kugel eines Imax-Kinos mit 440 Sitzen erheben. Dazu kommen 500 Parkplätze. Mit einem Bauvorbescheid vom Bezirksamt Mitte rechnen die Projektentwickler zum Jahreswechsel.

Gemanagt wird das 200 Millionen Mark teure Vorhaben von der internationalen Beratungsfirma Arthur Andersen im Auftrag des schwedischen Immobilienunternehmens „Gedusham Properties“. Das Geld strecke „eine deutsche Großbank“ vor, sagte Michael Thiele von Andersen. Dafür rechnen die Investoren und Projektentwickler mit Nettoumsätzen von insgesamt 143 Millionen Mark im Jahr. Das Center werde die Umgebung wirtschaftlich beleben und 490 Arbeitsplätze schaffen.

Skeptischen Äußerungen aus dem Publikum, das Center wäre unrentabel, sofern die anderen großen Vorhaben in St. Pauli verwirklicht würden, begegnete Thiele mit dem Hinweis, alle Projekte zögen neue Besucher an. Überdies sei zweifelhaft, daß die anderen Multiplexe, etwa am Nobistor, gebaut würden. Im übrigen habe er für seine Kinos bereits einen Betreiber. Damit seien 50 Prozent der Nutzfläche ausgebucht. Auch das Hotel sei bereits an eine renommierte Firma vergeben worden. Falls damit alteingesessene Betriebe verdrängt werden sollten, dann sei das ein normaler Vorgang, der sich auch in anderen Wirtschaftszweigen abspiele, ergänzte sein Kollege Christoph Kohllöffel.

Der SPD-Bezirkspolitikerin Grete Kleist schließlich machte Sorgen, der Gebäudekomplex könne zur Reeperbahn hin abweisend wirken: „Es kann nicht sein, daß die Leute auf der Reeperbahn an einer Wand entlanglaufen“, sagte sie. In der Tat scheint das Ensemble stark auf den Innenhof ausgerichtet zu sein. Thiele antwortete vage, zeigte sich aber an einem Punkt begeistert: Die Leute, die aus der U-Bahn-Station St. Pauli stiegen, würden gleichsam direkt in das entertainment center „hineingesogen“.

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