: Stasi-Akte als Basis des Schuldspruchs
■ Mit der Verurteilung des Sportarztes Bernd Pansold zu 14.400 Mark Geldstrafe endet der Dopingprozeß vor dem Berliner Landgericht
Berlin (dpa) – Bei der Verfolgung des systematischen Dopings im DDR-Sport hat das Berliner Landgericht die bislang härteste Strafe verhängt. Der frühere DDR-Chefarzt Bernd Pansold, inzwischen in Österreich unter anderem für die Betreuung des Skistars Hermann Maier zuständig, wurde am Montag zu 180 Tagessätzen zu je 80 Mark verurteilt. Das Gericht folgte damit dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Neben den 14.400 Mark Geldstrafe muß Pansold auch für die Prozeßkosten aufkommen, die mehrere 10.000 Mark betragen dürften. Die Verteidigung erwägt, den Bundesgerichtshof anzurufen.
Das Landgericht sprach den 56jährigen der Beihilfe zur vorsätzlichen Körperverletzung in neun Fällen schuldig. Die Kammer sah es vor allem aufgrund der Stasi- Akte des als „IM Jürgen Wendt“ geführten Pansold als erwiesen an, daß der Sportarzt in den 70er und 80er Jahren an der Vergabe von männlichen Hormonen an minderjährige Schwimmerinnen mitgewirkt hat. Pansold war der letzte verbliebene Angeklagte in dem Prozeß, der im März mit sechs Angeklagten begonnen hatte.
Mit Trainer Rolf Gläser und und Sportarzt Dieter Binus wurden zwei Angeklagte zu jeweils 90 Tagessätzen Geldstrafe verurteilt. Die Verfahren gegen drei weitere Angeklagte wurde wegen geringer Schuld gegen Geldbuße eingestellt. Im Prozeß gegen geständige Verantwortliche des TSC Berlin wurden zwei Ärzte und ein Trainer nach nur zwei Verhandlungstagen zu Geldstrafen verurteilt.
Im kommenden Jahr wird mit einer Reihe weiterer Verhandlungen gerechnet. In Berlin laufen Ermittlungen gegen rund 500 Beschuldigte, gegen mehrere hundert weitere Beschuldigte sind Verfahren in allen fünf neuen Bundesländern anhängig. Voraussichtlich werden die folgenden Prozesse allerdings schneller beendet werden können als das Dynamo-Verfahren. Eine neue Ebene wird die Aufarbeitung des DDR-Dopings aller Voraussicht nach Mitte kommenden Jahres erreichen. Bis dahin will die Berliner Staatsanwaltschaft Anklagen gegen die Spitzenfunktionäre des DDR-Sports bei Gericht anhängig haben. Dann geht es um den Vorwurf, das systematische Doping angeordnet zu haben. Spätestens bis zum 2. Oktober 2000 müssen hier zumindest erstinstanzliche Urteile gefallen sein – denn an diesem Tag verjähren die aus den 70er und 80er Jahre stammenden Vorwürfe sonst endgültig.
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