: US-Stratege gegen Ersteinsatz von Atomwaffen durch die Nato
■ Pensionierter General und Golfkriegsveteran unterstützt die Position von Bundesaußenminister Joschka Fischer
Genf (taz) – Prominente Unterstützung für Joschka Fischers Initiative gegen den Ersteinsatz von Atomwaffen durch die Nato: „Ihr Vorschlag, die Nato solle ihre Nukleardoktrin revidieren, kommt sehr gelegen“, heißt es in einem Brief, der am Wochenende im Bonner Außenministerium eintraf – kurz vor der gestrigen Tagung der Außenminister der Nato-Staaten. Absender ist US-General Lee Butler, bis 1994 Oberkommandierender der Strategischen Atomstreitkräfte der USA.
„Was auch immer der Nutzen der Politik des Ersteinsatzes während des Kalten Krieges war – sie ist völlig unangemessen für die neue globale Sicherheitslage, schlimmer noch, sie ist kontraproduktiv für das Ziel der (atomaren) Nichtweiterverbreitung und unethisch für die Werte einer demokratischen Gesellschaft“, heißt es in dem Brief, der der taz vorliegt. Der inzwischen pensionierte General enthüllt, daß er während des Golfkrieges vom Frühjahr 1991 Planspiele der Regierung George Bushs, taktische Atomwaffen gegen den Irak einzusetzen, für völlig falsch hielt. Butler war zu diesem Zeitpunkt Direktor für Strategische Planungen und Politik im Washingtoner Hauptquartier der US-Streitkräfte.
Die Haltung des US-Generals steht in klarem Widerspruch zur Absicht der USA, in der künftigen Nato-Strategie die gegen eine Bedrohung durch die UdSSR entwickelte Option auf Ersteinsatz von Atomwaffen unverändert beizubehalten. Darüber hinaus will die US-Regierung die Möglichkeit zur „Abschreckungsdrohung“ mit Atomwaffen gegen „Schurkenstaaten“ und „terroristische Netzwerke“ schaffen, um diese von Anschaffung, Entwicklung oder Einsatz von Massenvernichtungswaffen abzuhalten.
Zweites zentrales Thema der Nato- Strategiediskussion ist die ebenfalls von der US-Regierung geforderte Option, die Nato künftig weltweit einsetzen zu können – notfalls auch ohne Mandat des UN-Sicherheitsrates. Wegen des Widerspruchs mehrerer Nato-Staaten ist bis zum Washingtoner Gipfel im April zwar nicht mit der Einigung auf eine Formulierung für das neue Strategiedokument zu rechnen, die dies ausdrücklich vorsieht. Der derzeitige Entwurf enthält allerdings eine Formulierung, die diese Möglichkeit zuläßt. Danach ist Aufgabe der Nato künftig „der Schutz der Interessen der Alliierten und nicht nur ihres Territoriums“.
Andreas Zumach Berichte Seite 2
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