piwik no script img

Mühsame Diplomatie für Menschenrechte

■ Seit 1946 arbeitet die ständige Menschenrechtskommission. Doch politische Konsequenzen scheitern oft an den Mitgliedsstaaten

„Ein Erfolg unserer beharrlichen Lobbyarbeit“, freute sich im Frühjahr diesen Jahres eine Vertreterin von amnesty international. Soeben hatten in der Genfer UNO-Menschenrechtskommission 26 von 53 Mitgliedsstaaten für eine Resolution zur weltweiten Ächtung der Todesstrafe gestimmt. Das waren immerhin zwei mehr als im Vorjahr, aber immer noch weniger als die Mehrheit und weit entfernt von dem politischen Konsens, der für ein völkerrechtlich verbindliches Verbot erforderlich wäre. Dafür sorgen neben China und anderen diktatorisch regierten Staaten auch die USA.

Der Weg zur Einhaltung der Menschenrechte ist mühsam. Zur Ausarbeitung der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ beriefen die damals 51 Staaten der UNO-Generalversammlung 1946 eine ständige Menschenrechtskommission. Seit 1979 hat diese Institution den Auftrag zur Koordinierung aller Menschenrechtsaktivitäten im gesamten UN-System. Damit sind zwar keine juristischen Handlungsmöglichkeiten gegen einzelne Staaten verbunden. Dennoch entwickelte sich die Kommission zum Kern eines umfangreichen Geflechts von Verfahren, Institutionen und Mechanismen zur Durchsetzung und Überwachung bestehender Übereinkünfte zum Menschenrechtsschutz.

Auf ihrer jährlichen sechswöchigen Plenumssitzung befaßt sich die Kommission vorrangig mit der Menschenrechtssituation in einzelnen Ländern. Auslöser und Grundlage der Diskussionen können Beschwerden über Menschenrechtsverstöße sein oder Berichte der „thematischen“ Sonderberichterstatter des Hochkommissariats zu Menschenrechtsverstößen wie Folter, willkürliche Verhaftungen oder Einschränkungen der Religionsfreiheit.

Immer größere Bedeutung für die Arbeit der UNO-Kommission haben in den letzten Jahren Informationen und Recherchen von amnesty international und anderen regierungsunabhängigen Organsisationen erhalten. Sie können an den Plenarsitzungen mit Rede- und Antragsrecht teilnehmen, dürfen allerdings nicht mit abstimmen.

Außerdem kann die Kommission einen eigenen Sonderberichterstatter für bestimmte Länder bestimmen. Im Herbst 1992, angesichts des Völkermords und der „ethnischen Säuberungen“ in Bosnien-Herzegowina, wurde so der ehemalige polnische Ministerpräsidente Tadeusz Maziowiecki zum Sonderberichterstatter über die Menschenrechtsverstöße berufen. Seine insgesamt 18 Berichte bilden wichtiges Ausgangsmaterial für die Ermittlungen des Kriegsverbrechertribunals in Den Haag. Auf Vorschlag Mazowieckis erklärte der UNO-Sicherheitsrat 1994 sechs von Serben belagerte Städte in Bosnien zu „Schutzzonen“. Als UNO und NATO allerdings die „Schutzzone“ Srebrenica im Juli 1995 in die Hände der Belagerer fallen ließen und dem Massenmord an rund 8.000 muslimischen Zivilisten tatenlos zusahen, trat Mazowiecki aus Protest zurück.

Diesselbe Konsequenz zog im letzten Jahr der UN-Experte für verschwundene Personen in Ex- Jugoslawien, Manfred Nowak. Ihn hatte die Kommission 1996 mit einem völlig unklaren Mandat zur Untersuchung der Massengäber in Bosnien betraut, ihm anschließend aber die zur Erfüllung dieses Auftrages notwendige politische und finanzielle Unterstützung versagt.

Schärfstes und öffentlich sichtbarstes Instrument der Kommission sind Resolutionen zur Verurteilung von Menschenrechtsverletzungen in bestimmten Ländern. Sie können mit einfacher Mehrheit verabschiedet werden. In den letzten sieben Jahren bestimmte der – letzlich erfolglose – Versuch, eine entsprechende Resolution zu China zu verabschieden, einen Großteil des Interesses.

Der in jüngster Zeit größte Erfolg der Kommission bei der Vereinbarung neuer völkerrechtlicher Normen war im Frühjahr dieses Jahres die Verabschiedung der „Erklärung zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern“. Damit sind Aktivisten gemeint, die wegen ihres Einsatzes für die Menschenrechte anderer selbst von politischer Verfolgung bedroht sind.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen