piwik no script img

Der Countdown läuft„Geschenke im kleinen Rahmen“

■ Für Weihnachtswünsche bleiben noch acht Tage Zeit: Metin Kurt (41) und seine Frau Oya (38), die in Neukölln eine Bäckerei betreiben, wünschen den Deutschen vor allem Gesundheit

Wir kommen aus der Türkei und wohnen seit 1971 in Neukölln. Weihnachten feiern wir überhaupt nicht. Ich finde es zwar gut, daß hier alles geschmückt wird, aber auf der anderen Seite bin ich auch sehr kaltherzig. Der 24. Dezember ist für uns ein ganz normaler Tag wie jeder andere. Wir versuchen unseren Kids zu erklären, daß wir wegen unseres Glaubens keine Weihnachten feiern. Mein älterer Sohn ist 18 Jahre alt, der jüngere 11 Jahre, die begreifen das schon. Aber im kleinen Rahmen gibt es schon Geschenke, damit die Kinder nicht traurig sind. Ansonsten schenken wir uns was zum Jahresende. Spezielle Wünsche haben

wir nicht. Meinem älteren Sohn will ich ein kleines Handy schenken, der jüngere will Schlittschuhe haben.

Eigentlich profitieren wir von den Weihnachtsfeiertagen, weil wir frei haben und nicht arbeiten müssen. Ich finde, viele machen sich verrückt mit den Geschenken. Natürlich gehen wir ab und zu auf Weihnachtsmärkte. Ich lebe seit 27 Jahren in Deutschland, und da gewöhnt man sich dran. Es kommt drauf an, wie man sich integriert. Aber ob ich jetzt auf dem Papier ein Deutscher oder Türke bin, spielt keine Rolle. Ich muß mein Leben leben und muß für meine Familie sorgen. Meine deutsche Staatsbürgerschaft ist in Arbeit, das dauert ja ziemlich lange.

Ich glaube nicht, daß ich irgendwann Weihnachten feiern werde so wie deutsche Familien. Ich weiß vom Hörensagen, wie das geht am Heiligabend. Da gibt es Kartoffelsalat oder Wiener Würstchen. Aber selber miterlebt habe ich das noch nicht. Das ist ja ein großer Feiertag für die Deutschen, da kann ich mir vorstellen, daß sie alleine feiern wollen. Den Leuten, die Weihnachten feiern, wünsche ich vor allem Gesundheit, das ist das Wichtigste im Leben, und daß ihre Wünsche in Erfüllung gehen. Aufgezeichnet von:

Barbara Bollwahn de Paez Casanova

wird fortgesetzt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen