: Atomstromer wollen 20 Jahre Friedenspflicht
■ Umweltministerium akzeptiert Vorschlag aus dem Vorgespräch mit Kanzler Schröder
Hannover (taz) – Die Vorstandsvorsitzenden der vier großen Energieversorger Veba, Viag, RWE und Energie Baden-Württemberg haben Bundeskanzler Gerhard Schröder am Montag tatsächlich ein Auslaufenlassen der Atomkraftwerke binnen 20 Betriebsjahren angeboten. Das verlautete gestern aus gutinformierten Kreisen in Bonn.
„Über ein solches Angebot, das wir offiziell immer noch nicht kennen, kann in den Konsensgesprächen verhandelt werden“, sagte gestern der Sprecher des Bundesumweltministeriums, Michael Schroeren. Allerdings sei das Angebot noch unzureichend und müsse vor allem in den Details präzisiert werden. Immerhin hätten die vier Vorstandsvorsitzenden offenbar das Primat des Wählerwillens und der Politik beim Atomausstieg prinzipiell anerkannt, sagte der Ministeriumssprecher. Aus dem ersten Angebot müsse nun eine konkrete Ausstiegregelung entwickelt werden.
Die beim Gespräch zwischen Schröder und den Atomstromern ins Auge gefaßte Ausstiegsregelung läßt noch viele Fragen offen. So wollen die Energieversorger offenbar mit der Bundesregierung einen Vertrag abschließen, in dem die Restlaufzeiten der Atomkraftwerke von bis zu 20 Jahren für beide Seiten bindend festgeschrieben sind. Dem Versprechen, die Atommeiler nach und nach abzuschalten, soll von seiten des Staates eine Garantie dieser Laufzeiten gegenüberstehen. Eine solche Friedenspflicht würde aber leicht mit der gesetzlichen Aufgabe der Atomaufsichtsbehörde kollidieren: Sie muß bei konkreten Sicherheitsmängeln einzelner AKWs den Betreibern die notwendigen Schritte und im Extremfall auch die Stillegung einzelner Anlagen auferlegen. Präzisiert werden muß auch noch, ab welchem Zeitpunkt die anvisierte Restlaufzeit gelten soll und ob Betriebsstillstände darin eingeschlossen sind.
Des weiteren schließt die rot- grüne Koalitionsvereinbarung eine rein vertragliche Regelung des Atomausstiegs aus. Sie verlangt explizit eine gesetzliche Festlegung der Restlaufzeiten.
Bundesumweltminister Jürgen Trittin erörterte gestern mit Betriebsräten der Energieversorger die Folgen eines Ausstiegs für die Arbeitsplätze. „Wenn es sein muß, werden wir auf die Straße gehen“, sagte der Betriebsratsvorsitzende der PreussenElektra, Rainer Dücker, und warf Trittin vor, ihm seien die Arbeitsplätze gleichgültig. Demgegenüber betonte der Bundesumweltminister die positiven Arbeitsplatzeffekte einer neuen Energiepolitik. Auch der Abriß der AKWs sei eine arbeitsintensive Veranstaltung, sagte Trittin. Jürgen Voges
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