: Hohe Strafen im Fall Dabelstein
Landgericht verurteilt die beiden Jugendlichen, die im Sommer Willy Dabelstein ermordeten, zu acht Jahren Haft ■ Von Elke Spanner
Als der Prozeß Ende November begann, erklärte eine Bürgerinitiative auf Transparenten, die Justiz sei mitschuldig daran, daß es überhaupt zum Mord an Willy Dabelstein kommen konnte. Kaum wurde gestern bekannt, daß das Hamburger Landgericht die beiden Jugendlichen, die im Juni den Tonn-dorfer Lebensmittelhändler erstochen hatten, zu acht Jahren Jugendstrafe verurteilt hat, meldete sich die Initiative wieder zu Wort: „Man kann nicht von einem Urteil reden, das im Namen des Volkes ergangen ist“, schimpfte ihr Sprecher Frank-Michael Bauer. Das Gericht hätte die mögliche Höchststrafe von zehn Jahren verhängen sollen.
Doch auch Bauer hat keine Ahnung, was sich im Gerichtssaal abspielte. Die Türen waren verschlossen, weil Christian L. und Patrick E. zur Tatzeit erst 16 Jahre alt waren. Entsprechend besonnen zeigte sich gestern Horst Naruga, Sprecher des „Vereins für Tonndorf“. Er sei hin- und hergerissen zwischen dem Gefühl, daß „acht Jahre auch schnell vorübergehen“, und dem Gefühl, daß sie für so junge Menschen doch eine „relativ hohe“ Strafe seien.
Nur in Ausnahmefällen werden Jugendliche, bei denen sich die Strafe vor allem nach erzieherischen Gesichtspunkten richten muß, zu mehr als fünf Jahren verurteilt. Nur bei schwerwiegenden Delikten, so Gerichtssprecherin Sabine Westphalen, müsse die Strafe auch abschrecken und dem Angeklagten deutlich machen, daß die Tat einer gerechten Sühne bedürfe.
Wie schon vor der Polizei hat Patrick E. den Mord vor Gericht im wesentlichen gestanden, Christian L. zumindest zum Teil. Erwiesen war für das Gericht, daß die beiden am 29. Juni um die Mittagszeit mit Messern bewaffnet den Lebensmittelladen von Dabelstein in Tonn-dorf betraten. Dort nahm Christian L. das Geld aus der Kasse, während Patrick E. immer wieder auf Dabelstein einstach.
Strafverschärfend legte das Gericht den beiden vor allem ihre Skrupellosigkeit zur Last. Auch hätten sie nicht zum ersten Mal eine Straftat begangen, sondern bereits eine Reihe von Vermögens- und Gewaltdelikten begangen. Mildernd habe die Kammer hingegen berücksichtigt, daß Christian L. und Patrick E. erst 16 Jahre alt waren und ihre Tat „Ausdruck mangelnder Erziehung“ sei. Bei Patrick E. ging die Kammer zudem davon aus, daß er in einer „affektiven Anspannung“ zugestochen habe.
Eigentlich hätte nicht einmal bekannt werden dürfen, daß und wie die beiden verurteilt wurden. Ausnahmsweise hat das Gericht das Urteil dennoch veröffentlicht. Denn der Fall, so Gerichtssprecherin Sabine Westphalen, habe bundesweit hohe Wellen geschlagen, so daß „die Öffentlichkeit ein hohes und berechtigtes Interesse am Ergebnis des Verfahrens hat“.
Mit der Verurteilung folgte die Kammer im wesentlichen dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die acht- bzw. siebeneinhalb Jahre gefordert hatte. Die Verteidigung der beiden Jugendlichen hatte für Gefängnisstrafen von unter fünf Jahren plädiert. Siehe auch Seite 6
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