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Ajatollah hinter Gittern

■ Anhänger des iranischen Präsidenten Chatami protestieren gegen die Verhaftung

Berlin (taz) – Ein weiterer Unterstützer des iranischen Präsidenten Mohammad Chatami sitzt hinter Gittern. In der vergangenen Woche wurde Ajatollah Assadollah Bayat verhaftet. Offizielle Begründung ist das Urteil eines religiösen Sondergerichts. Das hatte den Kleriker bereits im vergangenen Juli unter Ausschluß der Öffentlichkeit wegen Betrugs und Fälschung von Dokumenten zu einem Jahr Gefängnis und einer Geldstrafe von umgerechnet etwa 55.000 Mark verurteilt. Laut der iranischen Nachrichtenagentur Irna wurde die Haftstrafe ebenfalls in eine Geldstrafe verwandelt.

Warum wurde Bayat jetzt verhaftet? Wahrscheinlich um den vergleichsweise moderaten Präsidenten Chatami weiter zu schwächen. Am Montag meldete sich eine Gruppe Mullahs zu Wort, die Chatami unterstützen. Das „beleidigende Verhalten“ gegenüber Bayat diene dazu, ihn zu diskreditieren, heißt es in einer von Irna verbreiteten Erklärung der Liga Kämpferischer Geistlicher. Der linksislamistische Zusammenschluß gilt als ideologisches Hinterland Chatamis. Bayat, der früher Vizesprecher des iranischen Parlaments, Präsident von dessen Rechtsausschuß und Vorsitzender Richter des Revolutionsgerichts der Stadt Schiras war, sei „einer der wenigen Gelehrten und Politiker, die eine entscheidende Rolle bei der Vollendung der Islamischen Revolution 1979“ gespielt hätten, heißt es in der Erklärung. Bereits zu Zeiten des Schah habe der „Jünger des verstobenen Imam“, Ajatollah Chomeini, im Gefängnis gesessen. Anstatt Bayat erneut einzusperren, solle der Prozeß gegen ihn öffentlich neu aufgerollt werden.

Linksislamisten gehören zu Chatamis Stützen. Die konservative Justiz brachte in den letzten Jahren etliche von ihnen hinter Gitter. Prominentestes Opfer ist der Großajatollah Hosseinali Montaseri. Der Vordenker der Staatsideologie velajat-e faghi, die Statthalterschaft der Rechtsgelehrten, galt als Kronprinz von Revolutionsführer Chomeini. Wegen seiner Kritik an Menschenrechtsverletzungen fiel er jedoch in Ungnade. Derzeit sitzt er in der den Schiiten heiligen Stadt Qom unter Hausarrest. Thomas Dreger

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