: Von Therapeuten und anderen emotionalen Wracks
■ Bestenfalls ein belangloses Werk: Der Psycho-Krimi „Therapie mit Todesfolge“ von Birgit H. Hölscher
Psychotherapeuten umzubringen macht Spaß und Sinn, weil das „Pack“ die Menschheit zu egozentrischen, verkrüppelten Kreaturen verformt. Mit dieser, in ähnlicher Form etwa von Hubbard-Anhängern bekannten, These stattet die Hamburger Autorin Birgit H. Hölscher ihre Heldin Anita aus und schickt sie auf Therapeutenjagd nach Köln. Dr. Wolf soll dran glauben, ein gutaussehender Psychiater und idealer Kandidat: intelligent, doch nicht schlau genug, um die Mörderin zu durchschauen, und dabei genauso geldgierig wie alle anderen Opfer vor ihm.
Was sich so sehr nach Groschenroman anhört, stammt aus dem Krimi Therapie mit Todesfolge, der tatsächlich nur knapp am Schund vorbeischrammt. Anita, die Hauptperson und Ich-Erzählerin, nennt sich auch Garbo und hält sich für eine grandiose Schauspielerin, gute Dramaturgin und unschlagbare Regisseurin; Behauptungen, die von der Autorin weder bewiesen noch ironisiert werden. Zwar führt der Plan den Therapeuten genau dorthin, wo seine Scheinpatientin ihn haben will und wo ihn die Leser von Anfang an erwarten – in die angeblich verdiente Todesgefahr. Doch läßt die karge Charakterzeichnung des bösen Doktors allenfalls ein Schaf im Wolfspelz sichtbar werden, für dessen Täuschung kein sonderliches Schauspiel- oder Inszenierungstalent notwendig wäre.
Genauso oberflächlich und klischeehaft werden die übrigen Figuren beschrieben. Schon Garbos Vater war ein Psychiater und ein „komplett emotionales Wrack“, die Ex-Liebhaber sind gemeine Machos im Softiegewand, und die lesbische Freundin ist eine Zicke.
Dazu schreitet die Handlung quasi „lebensecht“ voran, das heißt mit verdunkelter Motivation und durchgehender Spannungsarmut. Diese Diktion, die bis in die Dialoge hineinreicht, hätte zu einem Dokumentarbericht gepaßt. Aus diesem Krimi macht sie ein bestenfalls belangloses Werk – und eine verschenkte Chance zur Verunglimpfung selbstgerechter Seelenfänger und absurder Weltverschwörungstheorien. Barbora Paluskova
Birgit H. Hölscher: „Therapie mit Todesfolge“ Elefanten Press Verlag, Berlin 1998, 189 Seiten, 18,90 Mark
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