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Was wußte Mobil Oil von Massakern?

■ Indonesiens Menschenrechtskommission untersucht, ob der Konzern in der Provinz Aceh an Massakern beteiligt war. Mobil Oil dementiert

Berlin (taz) – Indonesiens staatliche Menschenrechtskommission hat jetzt mit Untersuchungen begonnen, ob die indonesische Tochtergesellschaft des US-Ölkonzerns Mobil Oil an Massakern in der nach Unabhängigkeit strebenden Provinz Aceh in Nord-Sumatra zu Anfang der 90er Jahre beteiligt war. Der Kommission lägen Zeugenaussagen vor, daß der Ölkonzern an Massakern beteiligte Soldaten ausgerüstet habe und von den Morden des Militärs an der Bevölkerung wußte, so Kommissionsmitglied Muhammad Salim. Unabhängige Organisationen werfen dem Konzern schon seit Wochen vor, Soldaten Bagger zum Ausheben von Massengräbern gestellt zu haben.

Im vergangenen August hatte die Menschenrechtskommission sieben Massengräber exhumiert, nachdem erst nach dem Sturz des langjährigen Diktators Suharto im Mai Untersuchungen aufgenommen werden konnten. „Wir haben Tausende von Skeletten in Massengräbern in ganz Aceh gesehen. Wir nehmen an, daß noch weitere 5.000 Menschen vermißt werden“, so ein Kommissionsmitglied damals. Lokale Organisationen schätzen die Zahl der Toten auf bis zu 39.000. Das Militär, das sich für die Massaker öffentlich entschuldigt hat, hält diese Zahl für viel zu hoch.

Seit 1976 kämpft in Aceh die bewaffnete Bewegung für ein freies Aceh für die Unabhängigkeit der öl- und gasreichen Provinz. Die traditionell rebellische und streng islamische Provinz trägt 11 Prozent zum indonesischen Staatshaushalt bei, erhält aber davon nur rund ein Prozent. 1990 wurden die ersten Elitetruppen in Aceh stationert und die Region zum militärischen Operationsgebiet erklärt. Die Militärs gingen brutal gegen die Bevölkerung vor und töteten mutmaßliche Sympathisanten der Separatisten. Höhepunkt der Repression waren die Jahre 1990/91, allerdings geht das Militär in der Region bis heute gegen Unabhängigkeitsbestrebungen vor.

Die Ermittlungen gegen Mobil Oil wurden durch einen Bericht des US-Wirtschaftsmagazin Business Week von vergangener Woche ausgelöst. In dem Blatt berichtet ein ehemaliger Mobil-Angestellter, daß die Massaker und die angebliche Verwendung von Mobil- Geräten für die Grabungen bei den Angestellten Gesprächsthema waren. Ein Konzernsprecher wies gegenüber Business Week die Vowürfe zurück und bezeichnete sie als Unterstellungen. Der Konzern habe aber zugegeben, daß er der Armee Nahrungsmittel, Benzin und Grabungsgeräte zur Verfügung gestellt habe, so Business Week. Indonesische Menschenrechtler wie der im Exil lebende George Aditjondro werfen Mobil außerdem vor, Fischer und Bauern zur Umsiedlung gezwungen und die Umwelt zerstört zu haben.

Im August wurde ein Teil der Elitetruppen aus Aceh abgezogen, doch kommt es dort immer wieder zur Gewalt. Am Dienstag wurden acht Soldaten von einer Menschenmenge aus einem Bus gezerrt und gelyncht. Am Mittwoch wurden nach Militärangaben eine Polizeistation angezündet und ein Militärposten von einer Menschenmenge mit Steinen angegriffen. Beide Vorfälle ereigneten sich in dem öl- und gasreichsten Gebiet, indem die meisten Massengräber gefunden wurden oder noch vermutet werden. Sven Hansen

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