■ Die wirrsten Graphiken der Welt (4)
: Grundschema einer Semiose

Wozu und zu welchem Ende studieren Menschen Semiotik? „Semiotik? Wat issen ditte?“ So fragte wohl schon manch ein Vater stutzend und erbittert seine Brut, während die Mutter in der Küche weinend die Radieschenmäuse schnitzte. „Willste nich doch lieber Jura? Wat orntlichet?“

Solchen desorientierten Eltern kann geholfen werden. Aus dem Lehrbuch „Semiotik“ (Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz 1978) der Semiotiker Günter Benteles und Ivan Bystrina geht hervor, daß sich Semiotiker damit beschäftigen, zwischen Buchstaben und Zahlen Pfeile zirkulieren zu lassen. Und wer zwischen Buchstaben und Zahlen Pfeile zirkulieren läßt, sündigt nicht – dies zum Trost erboster Eltern von Semiotikstudenten.

In der Abbildung 1 dieses Lehrwerks verdeutlichen Bentele und Bystrina aufs schönste den Zusammenhang zwischen Zeichen (Z), Ip (Interpretant), O (Objekt) und P (Zeichenproduzent). Feurig fließen die Linien; rechteckig harren die Schachteln aus.

Quirliger geht es in Abbildung 27 zu, dem „Grundschema einer Semiose“: „Die mit 1 und 4 bezeichneten Bewußtseinsinhalte (Abbilder bzw. Denkmodelle des Designats) sowie die Bewußtseinsinhalte 2 und 3 (Abbilder bzw. Modelle des Zeichens) sind Teile der Gesamtsysteme ,Zeichenproduzent‘ (ZP) bzw. ,Zeichenrezipient‘ (ZR)“, merken Bentele und Bystrina dazu an, und da möchte man ihnen nicht widersprechen.

Hurtig gurken in dem schönen Schaubild alle Pfeile umeinander, zwischen 1 und 2 und ZP und Zeichen und 3 und 4 und ZR und Designat, nein, da möchte man nicht stören, da möchte man lieber nicht als Semiotik-Party-Pooper dazwischenfunken.

Sondern lieber ganz weit weg sein.

Zum Schluß ein Wort an die Eltern, die ihren Kindern ein Semiotik-Studium finanziert haben: Nehmt es nicht zu schwer. Andere Eltern haben Kinder, die DVU wählen, die sich das Kinderzimmer mit Coca-Cola-Souvenirs vollpfropfen oder sich Schnurrbartwürmchen stehen lassen. So hat ein jeder sein Päckchen zu tragen. Und auch studierte Semiotiker reifen bisweilen als Taxifahrer, Müllkutscher oder Postboten noch zu nützlichen Mitgliedern der menschlichen Gesellschaft heran.

Zusatz:

Mit Dank an den Semiotiker Reiner Elwers. Gerhard Henschel

Zu den genannten Abbildungen: Quelle: Günter Bentele und Ivan Bystrina: Semiotik. Grundlagen und Probleme. Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz 1978, 174 Seiten, Dickdruck