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Schiffbruch für die Ölpest-Hilfe

■ Vor sechs Jahren verseuchte das Öl der „Braer“ die schottische Küste. Viele Opfer haben die Hoffnung auf Entschädigung verloren

Shetland-Inseln (taz) – Martin Thomson ist im vergangenen Jahr ausgestiegen. Ausgestiegen aus dem „aussichtslosen Kampf“, wie er es nennt, um Schadenersatzzahlungen durch den Internationalen Fonds zur Kompensation bei Ölunfällen (IOPCF). Genau sechs Jahre, nachdem der Riesentanker „Braer“ hilflos auf den Felsen der Shetland-Inseln strandete und 85.000 Tonnen Rohöl sich ins Meer ergossen, steht Martin Thomson mit leeren Händen da. Auf 100.000 Pfund (etwa 280.000 Mark) hat er seinen Schaden veranschlagt, bekommen hat er nichts.

„Der Fonds spielt auf Zeit, es wurde zunehmend unsicherer, ob wir überhaupt jemals Geld kriegen würden, deshalb habe ich meinen Anspruch zurückgezogen“, sagt der Bauer, der miterlebte, wie das Öl an Land geweht wurde und sich über Land, Vieh und Gebäude legte. Das Vieh, vornehmlich Schafe, wurde evakuiert, doch das Öl und die chemischen Ölbekämpfungsmittel griffen die Gebäude an. Dächer wurden undicht, Gummidichtungen lösten sich auf, Plastikfenster verloren ihre Form.

„Es ist unmöglich, einen Bauernhof zu betreiben, bei dem die Stalldächer undicht sind. Doch die Regeln des Fonds schreiben vor, daß ich meine Dächer nicht anrühren darf, denn sie sind Teil des Beweismaterials. Ich konnte so nicht länger leben“, sagt Thomson.

Er ist nicht der einzige an der Südspitze der Shetland-Inseln. Renie Wilkinson etwa, deren Dach ebenfalls seit sechs Jahren undicht ist, sagt, sie habe diese „Akte endgültig geschlossen“, denn der Kampf ließe sich nicht gewinnen. 84 Schadenersatzforderungen für undichte Dächer lagen dem IOPC- Fonds noch zu Beginn des Jahres 1998 vor, inzwischen sind es nur noch 50.

Eric Scott von der Edinburgher Kanzlei Campbell Smith W.S. vertritt die „Dach-Ansprüche“ vor dem Court of Session, dem höchsten schottischen Zivilgericht. Die Gründe, die Ansprüche zurückzuziehen, seien immer die gleichen, sagt er: Frustration über den schleichenden Fortgang der Klagen sowie die empfindlich hohen Kosten dafür, die Klage überhaupt aufrechtzuerhalten. Bis heute ist nicht einwandfrei bewiesen, ob das Öl und die eingesetzten Chemikalien für die Schäden verantwortlich sind. Gutachter beider Seiten kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Eric Scott sagt dazu: „Der IOPF-Fonds zieht jedes nur denkliche verfahrensrechtliche und technische Register, um die Zahlung der Ansprüche zu umgehen.“

Ein Vorwurf, der im Londoner Büro des IOPC-Fonds nicht gerne gehört wird. Rund 55 Millionen Pfund wurden nach der Katastrophe im Januar 1993 zur Begleichung der Schäden bereitgestellt. Davon sind heute nur noch 3,5 Millionen übriggeblieben, denen noch Forderungen von 42 Millionen gegenüberstehen. Der Fonds hat die Gesamtforderungen von Hausbesitzern, Lachsfarmern, Fischern und des Fremdenverkehrs von 80 Millionen auf 42 Millionen Pfund außergerichtlich heruntergehandelt. Die Klagen halbierten sich von rund 200 auf nunmehr 100.

Für Sally Gregory vom Fonds ist das ein Erfolg, denn es hilft die „unberechtigten Ansprüche“ auszusortieren und die Verfahren zu beschleunigen: „Wir ziehen es vor, außergerichtliche Übereinkünfte zu erzielen.“ Doch die Gespräche werden von den meisten der Betroffenen als Drohungen empfunden. Dabei wollen die verbliebenen 50 Mandanten von Eric Scott im Schnitt lediglich Ansprüchen zwischen 20.000 und 30.000 Pfund geltend machen. Sie werden noch Jahre auf ihr Geld warten müssen, denn bevor auch nur ein Penny der im Topf verbleibenden 3,5 Millionen ausgezahlt wird, müssen alle noch ausstehenden Fälle durch die Instanzen. Hans-Jürgen Marter

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