: Der homosexuelle Mann... Von Elmar Kraushaar
...und die Frauen: eine wunderbare Beziehung, so will es die Legende, weil streß- da sexfrei. Dabei kaschieren die plappernden Rollen von der „besten Freundin“ und dem „tollen Begleiter“ nur spärlich die Verachtung, die beide Seiten füreinander empfinden. Eine Frau, Alice Schwarzer, hat sich dagegen nie bemüht, ihre Abneigung gegen Schwule zu verbergen. Sie sind nicht ernst zu nehmen, nicht als Freund und nicht als Feind.
In der aktuellen Ausgabe ihrer Zeitschrift Emma, in der sie sich großspurig der feministischen Entnazifizierung von Leni Riefenstahl widmet, liest Schwarzer den Jungs vom anderen Ufer die Leviten. Anlaß ist die Provinzposse um den TV-Nachrichtensprecher Jens Riewa. Daß er schwul sei, habe die böse Schwulenszene dem Mann unterstellt und ihn damit zum Opfer gemacht. Schwul sei er gar nicht, sagt die Schwarzer, das habe der arme Kerl im Focus-Interview doch selbst erzählt. „Ach du liebes bißchen“, möchte man Frau Schwarzer zurufen, „wie naiv sind Sie eigentlich, daß Sie jedem gesprochenen Wort in solcher Angelegenheit glauben?“ Erinnert sei dabei an die lange Reihe prominenter homosexueller Männer, die sämtliche Eide und Schwüre öffentlich gegeben haben, nicht homosexuell zu sein, und dabei jede verfügbare Frau in ihrer Umgebung als Geliebte, Freundin oder Ehefrau vorführten, sich dabei aber für nichts mehr interessierten als einen leckeren Schwanz im Arsch. Erinnert sei beispielsweise an den US-Entertainer Liberace, der beim Londoner Daily Mirror mit einer sogenannten Verleumdungsklage 24.000 Dollar abzockte, um sie Jahre später kleinlaut wieder zurückzugeben.
Aber Schwarzer läßt nicht locker und warnt eindringlichst davor, andere öffentlich als homosexuell zu enttarnen. Zwar fällt ihr wirklich nichts ein, was dem dann passieren könnte, aber um zünftige Argumente ist die Populistin nicht verlegen: Ganz flott und in einem Satz droht sie mit rosa Winkel und KZ, dem homophoben Papst und Homosexuelle steinigenden Islamisten und bringt es fertig, Kabul und Kulmbach in einem Atemzug zu nennen. Die Ermordung homosexueller Männer durch die Taliban- Miliz in Afghanistan setzt die Journalistin Schwarzer tatsächlich gleich mit dem hämischen Gerede über Schwule in der fränkischen Provinz. So sehr gerät die Kämpferin gegen die Schwulenbewegung beim Stichwort „Outing“ in Rage, daß ihr dabei alle Begriffe entgleiten. Als Denunziantin beschimpft sie die SPD-Politikerin Matthäus- Maier, weil die sich im politischen Gerangel über den schwulen CDU-Abgeordneten Wissmann als „Spezialist für partnerschaftliche Beziehungen zwischen Mann und Frau“ mokierte. Und den schwulen „journalistischen Nachwuchs“ erinnert Frau Schwarzer daran, daß Menschen ein Recht darauf haben, „selbst zu bestimmen, was sie Privates über ihr Leben mitteilen“. Man will es gar nicht glauben! Das aus der Feder der ersten Feministin im Staate, die mit ihren ungezählten Veröffentlichungen gerne immer für das Gegenteil antrat.
Darauf noch einen Zuruf, Frau Schwarzer: Würden wir das tun, müßten Sie als Frau noch immer vier Schritte hinter dem Mann hergehen, und wir Schwule säßen weiter in plüschigen Erdlöchern und erwärmten uns an funzeligen Discokugeln.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen