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„Pallas“ liefert Wahlkampfmunition

In Kiel soll ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß das Frachterunglück aufklären  ■ Von Sven-Michael Veit

Allen geht es nur um „die Sache“. Und die lautet: Wie konnte es zur Havarie des Frachters „Pallas“ vor der schleswig-holsteinischen Nordseeküste und zu der anschließenden Ölpest kommen?

In „sachlicher Atmosphäre“ habe sich vormittags der parlamentarische Untersuchungsausschuß Pallas (PUA) des Landtags zu seiner konstituierenden Sitzung getroffen, erklärte PUA-Vorsitzender Jürgen Hinz (SPD) am gestrigen Mittag in Kiel. Es gehe ihnen, versicherten Vertreter von CDU- und FDP-Opposition, „um reine Sachaufklärung“. Zweifel an diesen Vollmundigkeiten sind angebracht. Denn in Schleswig-Holstein wird die erste deutsche Landtagswahl im 3. Jahrtausend stattfinden. Mit der Nominierung des ehemaligen Verteidigungsministers Volker Rühe als Herausforderer der SPD-Ministerpräsidentin beim Urnengang im Februar oder März 2000 hat die CDU bereits am Freitag den Vorwahlkampf eingeläutet.

Groß, wenn nicht zu groß, dürfte die Versuchung für Union und Freidemokraten sein, die größte Umweltkatastophe in der Geschichte des nördlichsten Bundeslands der rot-grünen Landesregierung zumindest teilweise anzulasten. Schon seit Monaten attackieren CDU und FDP vor allem das Krisenmanagement des grünen Umweltministers Rainder Steenblock heftigst.

Daß im wahlkämpfenden Untersuchungsausschuß politische Nickeligkeiten hinter „die Sache“ zurücktreten sollten, scheint zweifelhaft. Die Ergebnisse der konstituierenden Sitzung nähren dieses Mißtrauen. Die FDP interessiert sich besonders für den „Ablauf des Unglückskrisenmanagements im Verantwortungsbereich des Ministeriums für Umwelt“. Die CDU hat beantragt, nicht nur die Sicherheitskonzepte für die Deutsche Bucht und zahlreiche internationale Abkommen heranzuziehen, sondern auch den gesamten Schriftverkehr der Landesregierung im Zusammenhang mit der Havarie sowie Protokolle, Notizen, die Aufzeichnungen des Wasser- und Schiffahrtsamts Cuxhaven, Berichte des Seeamts, Seewetterberichte und die Logbücher der zur Bergung eingesetzten Schiffe zu überprüfen.

Ausschußvorsitzender Hinz hingegen äußerte gestern schon mal seine Vorab-Einschätzung, daß „die Landesregierung sich korrekt verhalten“ habe. Damit wolle er aber keinesfalls „die Arbeit des Ausschusses präjudizieren“, versicherte der SPD-Abgeordnete. Kein Wunder auch, daß der 13köpfige PUA (6 SPD, 4 CDU, 1 FDP, 1 Grüne und 1 Abgeordnete des mit Rot-Grün sympathisierenden Südschleswigschen Wählerverbands SSW), gestern noch keinen Zeitplan vorzulegen vermochte.

Wenn es nach SPD-Hinz geht, könnte der Abschlußbericht noch in diesem Sommer vorgelegt werden, rechtzeitig also vor der heißen Wahlkampfphase. Vielleicht aber ist der Wissensdurst der Opposition ja so groß, daß die Fahndung nach überzeugenden Antworten einige Monate länger dauert.

Dabei sind die wichtigsten längst bekannt: Ein wirkungsvoller Schutz der Nordsee und im speziellen des Nationalparks Schleswig- Holsteinisches Wattenmeer erfordert in erster Linie Beschlüsse auf bundespolitischer und internationaler Ebene. Ein Sicherheits- und Krisenkonzept für die Schiffahrt in der Nordsee muß her, und dafür ist die Installierung einer zentralen Küstenwache des Bundes das wichtigste Element.

Verschärfte Sicherheitsbestimmungen auf den Pötten, die zwischen Ärmelkanal und Skagerrak herumdampfen, müssen eingeführt und auch überwacht werden. Das geht nicht ohne Konsens mit Dänemark, den Niederlanden und möglichst auch noch Großbritannien. Um Zugriffsrechte auf schwimmende Rostlauben außerhalb der nationalstaatlichen Zwölf-Seemeilen-Zone zu ermöglichen, muß das internationale Seerecht entsprechend reformiert werden.

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