: „Ich sehe poppig aus, aber ich bin ein Preuße“
■ Der frühere SPD-Politiker Diether Dehm (48) über seine Pläne als neuer stellvertretender PDS-Chef
taz: Erzählen Sie doch mal Ihren Lieblingswitz über die PDS.
Diether Dehm: Da bin ich noch nicht lang genug drin. Ich habe übrigens auch nach 33 Jahren in der SPD noch keinen Lieblingswitz. Es ist schwer, in Parteien Witze zu entwickeln.
Manche halten es für den größten Witz, daß Sie stellvertretender PDS-Chef geworden sind. Sie sind erfolgreicher Unternehmer, Sie sind reich, Sie haben elf Goldene Schallplatten gewonnen und fünfmal Platin. Warum geht so einer wie Sie in diese Partei?
Weil die PDS erfolgreich ist, und Erfolg zieht Erfolg an.
Das ist alles? Und schon wird man nach vier Monaten PDS-Mitgliedschaft gleich in die Parteiführung gewählt?
Ich glaube, daß viele Genossen mich schon länger kennen. Sie wissen, daß ich vor Ort für sozalistische Vorstellungen eingetreten bin. Ich war etwa Sprecher der Initiative Künstler für den Frieden. Vom Rockfestival in Ost-Berlin 1988 her kenne ich noch einen führenden PDS-Funktionär, der auf der Seite der FDJ, des DDR-Jugendverbandes, gesessen hat. Mit mir ist also kein bunter Vogel gewählt worden, den keiner kennt.
Kleine Prüfungsfrage für den stellvertretenden Parteichef: Wie viele Mitglieder hat die PDS?
Der eine sagt 98.000, der andere 93.000. Das geht mal hoch, mal runter – wie bei der SPD.
Haben Sie vor dem Parteitag gebüffelt?
Nein, für die Aufnahme in die PDS habe ich 33 Jahre in der SPD gebüffelt. Da habe ich Erfahrungen gesammelt, welchen Weg ich gehen muß und welche Hoffnungen ich begraben kann. Die beiden Parteien sind sich ähnlicher, als es beide gelegentlich wahrhaben wollen.
Fällt Ihnen etwas Böses zur SPD ein?
Fällt mir schwer. Es sind wunderbare Menschen in der SPD, so wie bei den Grünen. Die Linke ist dort, wo ohne Hoffnung auf Bezahlung Plakate geklebt werden, moralisch ein erstaunliches und kostbares Gut. Dieser Mittelbau lebt für die Linke statt von der Linken. Aber oben werden sie teilweise repräsentiert von müden Kriegern oder korrupten Bonzen. Man muß darüber nachdenken, ob die Strukturen von Parteien für die Hoffnung der Menschen durchlässig sind.
Sie klingen, als würden Sie mit einem Teil Ihres Herzens noch immer an der Sozialdemokratie hängen?
Nein! Das ist lange vorbei. Ich bin eigentlich vergleichweise spät ausgetreten. Mein innerer Bruch kam mit der Nominierung Schröders. Das war schmerzhaft. Meine Familie ist noch in der SPD, auch viele Freunde, mit denen ich nach wie vor in Urlaub fahre.
Was, glauben Sie, verspricht sich die PDS von Ihnen?
Es geht wohl nicht um die Hoffnung, sich mit mir unternehmerische Potentiale einzukaufen. Viele denken, hier ist jemand, der kreativ, aber auch seriös sozialistische Politik gemacht hat. Ich sehe vielleicht ein bißchen poppig aus, aber ich bin preußisch in meiner Disziplin.
Sie haben angekündigt, sich vor allem um die Arbeit der PDS im Westen zu kümmern. Was wollen Sie da tun?
Man muß in den Kommmunen und Ländern viel mehr mit bekannten Persönlichkeiten zusammenarbeiten, einzelne Projekte umsetzen, mehr mit Künstlern machen. Vor allem damit kann die PDS im Westen Aufmerksamkeit und Leute gewinnen. Ich habe ja bereits vorgeschlagen, einen Rio- Reiser- oder Gerhard-Gundermann-Preis auszuschreiben.
Ziehen Sie demnächst mit kubanischen Liedermachern durch die Fußgängerzone von Rüsselsheim?
Nein. Ich will Künstler nicht als Wahlkampfclowns instrumentalisieren. Das sind für mich seriöse Partner. Man kann mit denen auch übers Parteiprogramm diskutieren. Interview: Jens König und Patrik Schwarz
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