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Karslruhe: Kinder sind prinzipiell ein Steuervorteil

■ Bundesverfassungsgericht hilft Paaren mit Kindern – egal ob sie verheiratet sind oder nicht. Der Gesetzgeber muß innerhalb eines Jahres die Freibeträge erhöhen. 4.000 Mark fürs erste Kind

Freiburg (taz) – Verheiratete Eltern werden bald steuerlich erleichtert. Dies hat das Bundesverfassungsgericht gestern angeordnet. Es gab den Verfassungsbeschwerden mehrerer Ehepaare statt, die bemängelt hatten, bestimmte Steuernachlässe gälten nur für Alleinerziehende.

Konkret geht es um zwei Regelungen im Einkommenssteuergesetz, die nur für nicht verheiratete Eltern(-teile) gelten. Nur Unverheiratete können bislang, wenn sie erwerbstätig sind, die Kinderbetreuungskosten von der Steuer absetzen. In mehreren Verfassungsbeschwerden klagten Eltern über diese Ungleichbehandlung. Sie machten auch darauf aufmerksam, daß nicht nur echte Alleinerziehende, sondern auch nichteheliche Lebensgemeinschaften in den Genuß dieser Regelung kommen. Diese Ungleichbehandlung wurde bisher damit gerechtfertigt, daß Ehegatten durch das sogenannte Ehegattensplitting ohnehin steuerlich bevorzugt werden. Diesen Einwand ließ der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts nun nicht gelten. Das Ehegattensplitting habe mit den Kosten der Kindererziehung nichts zu tun – es komme schließlich allen verheirateten Paaren zugute. Außerdem, so die Karlsruher Richter weiter, sei der Spareffekt faktisch bedeutungslos, wenn beide Ehegatten gleich viel verdienen.

In seiner Entscheidung forderte Karlsruhe den Gesetzgeber deshalb auf, künftig auch die Belastung von verheirateten Eltern steuerlich zu berücksichtigen. Dabei soll es nicht auf tatsächliche Ausgaben, etwa für Tagesmütter oder -väter, ankommen, sondern es soll pauschaliert werden. Schließlich seien gerade auch Eltern, die auf eine Erwerbstätigkeit verzichteten, in ihrer „Leistungsfähigkeit gemindert“. Der Senat stellte bei dieser Gelegenheit klar: „Eltern dürfen ihr familiäres Leben nach ihren Vorstellungen planen und verwirklichen.“ Der Staat solle hier nicht steuernd eingreifen.

Damit der Gesetzgeber nun nicht auf die Idee kommt, einfach die Vergünstigung der „unechten Alleinerziehenden“, also der nichtverheirateten Paare, zu streichen, stellte Karlsruhe vorsorglich klar, daß es hier nicht nur um Gleichbehandlung gehe, sondern auch um den Schutz der Familie an sich. Insofern werden unter dem Strich wohl auch die nichtverheirateten Eltern von diesem Urteil profitieren.

Karlsruhe sagte dem Gesetzgeber auch schon klipp und klar, was zu tun ist. Für den Betreuungsaufwand muß bis zum Jahrtausendwechsel eine Neuregelung gefunden werden, die alle Eltern gleich behandelt. Dabei sind Kinderfreibetrag oder Kindergeld entsprechend zu erhöhen. Sollte der Bundestag untätig bleiben, schreibt Karlsruhe eine Erhöhung des Freibetrags um jährlich 4.000 Mark vor, jedes zusätzliche Kind vergrößert dann den Freibetrag um weitere 2.000 Mark. Eltern, die Kindergeld bekommen, können mit einer vergleichbaren Summe rechnen. Der Betrag von 4.000 Mark entspricht dem Maximum dessen, was Alleinerziehende heute vom steuerpflichtigen Einkommen abziehen können.

Beim allgemeinen Haushaltsfreibetrag hat Karlsruhe dem Gesetzgeber mehr Zeit gelassen. Bis zum Jahresanfang 2002 muß hier die Neuregelung stehen, die sich, anders als heute, an der Zahl der Kinder orientieren soll. Als allgemeine Erziehungskosten will Karlsruhe auch Sprachkurse, Ferienaufenthalte oder die Anschaffung von Computern berücksichtigt wissen. Zum steuerfreien Existenzminimum gehöre alles, was „dem Kind eine Entwicklung ermöglicht, die es zu einem verantwortlichen Leben in der Gesellschaft befähigt“. Dabei soll es – um das Steuerrecht nicht zu komplizieren – nur Pauschalregelungen geben, so der Karlsruher Beschluß. Es muß also nicht jede Quittung vom Geigenunterricht gesammelt werden. Säumt der Bundestag hier, können Eltern, unabhängig von der Kinderzahl, ab dem Jahr 2002 eine Summe von 5.615 Mark von ihrem steuerpflichtigen Einkommen abziehen. (Az. BvR 1057/91 u.a.) Christian Rath

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