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Erziehung statt Strafe

■ SPD-Justizsenator Körting will Verfahren gegen jugendliche Straftäter leichter einstellen

Justizsenator Ehrhart Körting (SPD) will „die Kriminalisierung von Jugendlichen vermeiden“. Körting stellte gestern den Entwurf einer neuen Richtlinie zum Jugendgerichtsgesetz vor, der dem Gedanken „Erziehung statt Strafe“ folge. Schließlich, so betonte der Senator, begingen mehr als 90 Prozent aller Straftäter zwischen 14 und 18 Jahren nur leichte Straftaten und diese zumeist auch nur einmal. Positiver Nebeneffekt der sogenannten Diversionsrichtlinie: Verfahren würden schneller abgewickelt, die Staatsanwaltschaft werde entlastet.

Bei leichter Sachbeschädigung und Diebstählen bis zu einer Schadenshöhe von 100 Mark sowie bei leichter Körperverletzung und Beleidigung soll nach dem Entwurf künftig die Polizei für die Jugendlichen zuständig sein. Unter den Augen der Eltern soll ein dafür ausgebildeter Polizist mit dem Übeltäter ein ernstes Wörtchen reden. Zeigen die Jugendlichen Einsicht, kann der Staatsanwalt auf Anraten der Polizei das Verfahren einstellen.

Wiederholungstäter kommen aber nicht so glimpflich davon. Sie müssen dann zum sogenannten Diversionsmittler im Zimmer nebenan. Ein Sozialarbeiter schlägt dann erziehende Maßnahmen wie die Wiedergutmachung des Schadens, gemeinnützige Arbeiten oder einen sogenannten Täter- Opfer-Ausgleich vor.

Arbeitet der Jugendliche mit, organisiert der Diversionsmittler eine Erziehungsmaßnahme und überwacht diese auch. Verweigert sich der Jugendliche aber, übernimmt der Staatsanwalt die Akten wieder und bearbeitet das Verfahren weiter.

Der Entwurf der Diversionsrichtlinie soll im Februar abschließend im Rechtsausschuß beraten werden. Danach soll im April ein einjähriges Modellprojekt in den Polizeidirektionen zwei, vier und sieben starten.

Kritik an dem Entwurf gab es gestern von den Bündnisgrünen. Sie monierten, daß die Federführung der Verfahren von der Justiz auf die Polizei übertragen würde. Ilja Weitzel

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