: Enttäuscht von den Grünen
■ Die Parteisprecherin Birgit Daiber begründet ihren Wechsel zur PDS unter anderem damit, von der Zustimmung der Grünen zu Militäreinsätzen im Irak "erschüttert" gewesen zu sein
Die frühere grüne Landesvorstandssprecherin Birgit Daiber hat ihren Wechsel zur PDS mit ihrer Enttäuschung über die Entwicklung der Grünen begründet. Daiber zeigte sich gestern „sehr erschüttert“, daß die grünen Regierungsmitglieder keine Kritik an der US-Militärinterventionen im Irak geübt hätten. Die Grünen verabschiedeten sich damit von der internationalen Friedenspolitik.
Auch in der Sozialpolitik habe die rot-grüne Bundesregierung den falschen Weg eingeschlagen, so Daibers Vorwurf. Die 54jährige Arbeitsmarktexpertin kritisierte vor allem die Neuregelung der 620-Mark-Jobs. Die Grünen drohten auf konventionelle Formen der Sozialpolitik zurückzufallen, anstatt eine grundlegende Neuorientierung anzupacken. Das zentrale Projekt der Grünen werde in den kommenden Jahren der Atomausstieg sein, sagte sie. „Auf diesem Weg bleiben Dinge links liegen, die für mich von existentieller politischer Bedeutung sind.“ Der PDS dagegen könne als linker Oppositionspartei eine neue Rolle zuwachsen.
Fragen zu ihrer Zukunft in der PDS beantwortete Daiber nur ausweichend. Zu Vermutungen, sie wolle sich am 7. März beim PDS- Bundesparteitag um ein Mandat für das Europaparlament bewerben, sagte sie: „Mir sind keine Versprechungen gemacht worden. Wohin der Weg führt, wird sich zeigen.“ Sie wolle ihren Sachverstand in der Sozial- und Europapolitik einbringen. Die PDS hofft, bei einem Wahlergebnis von sechs Prozent bis zu sieben Abgeordnete für das Europaparlament zu stellen. Daiber, die von 1989 bis 1994 grüne Europaabgeordnete war, wäre eine der wenigen KandidatInnen mit Europa-Erfahrung. Bislang war die PDS nicht im Europaparlament vertreten.
Mit Blick auf ihren überraschenden Wechsel gestand Daiber ein, sie sei sich „durchaus bewußt, daß die PDS eine widersprüchliche Partei ist“. Zu den umstrittenen Äußerungen einzelner PDS-Mitglieder zu Mauer und Amnestie von DDR-Unrecht äußerte sie sich aber nicht.
Ein Anflug von Verbundenheit mit den Grünen klang schließlich doch noch durch: „Ich hoffe, daß die PDS nicht so schnell eine stinknormale Partei wird wie meine Grünen.“ Dorothee Winden
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