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Deutsche Firmen warten auf bessere Zeiten

■ Im Krisenstaat Indonesien warten deutsche Unternehmen trotz Auftragsmangels die Wahlen ab. Joint-venture-Partner werden ausgezahlt, Geschäfte machen nur noch Exportbetriebe

Berlin (taz) –„Die Situation in Indonesien ist zur Zeit sehr schwierig“, sagt Jochen Sautter, der Geschäftsführer des Deutschen Zentrums in Jakarta. Das für mittelständische deutsche Firmen konzipierte Büro- und Geschäftszentrum am südwestlichen Stadtrand der Hauptstadt wird Ende Februar offiziell eröffnet. Doch der Bau für 32 Millionen Mark ist nur zu einem Viertel vermietet. Die Eigentümerin, die Landeskreditbank Baden Württemberg, mußte bereits vier Millionen Mark nachfinanzieren, um das Projekt liquide zu halten.

Denn nach Indonesien, dem Epizentrum der Asienkrise, zieht es derzeit keine deutschen Investoren. 1998, als sich in dem südostasiatischen Land wirtschaftliche und politische Krise addierten, schrumpfte die Wirtschaft um 13,7 Prozent. Die Währung verlor bis zu 600 Prozent an Wert, die Inflation stieg auf 77,6 Prozent, über die Hälfte der Bevölkerung rutschte wieder unter die Armutsgrenze.

„Im Augenblick erwartet hier niemand entscheidende Verbesserungen der Geschäftssituation“, gibt Fritz Kleinsteuber von der deutsch-indonesischen Handelskammer die Stimmung deutscher Unternehmer in Jakarta wieder. Zwar hätten die über 135 deutschen Unternehmen mit Tochterfirmen in Indonesien Personal abgezogen. Aber trotz des Zusammenbruchs des dortigen Binnenmarkts in einigen Sektoren seien noch keine deutschen Betriebe geschlossen worden. Deutsche Geschäftsleute hofften darauf, daß sich nach den Parlamentswahlen Anfang Juni die Lage bessert. „Zur Zeit senken die Deutschen ihre Kosten, trennen sich von unerwünschten Joint-venture-Partnern oder kaufen Vertriebsfirmen auf“, so Kleinsteuber. „Von den 150 Millionen Mark, die Deutsche 1998 in Indonesien investiert haben, gingen drei Viertel in diese Umstrukturierung.“

Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Indonesien sind traditionell gut. Zwar liegen deutsche Investoren nur auf Rang neun, doch Deutschland ist zweitgrößter Abnehmer indonesischer Produkte und größter Handelspartner in Europa. Umgekehrt ist Indonesien der größte Handelspartner in Südostasien. Und aus keinem anderen asiatischen Land wurden so viele Angehörige der Elite in Deutschland ausgebildet wie aus Indonesien – einschließlich seines Präsidenten B. J. Habibie.

Nach Meinung Kleinsteubers wirkt es sich für die deutsche Wirtschaft bisher nicht nachteilig aus, daß die Bundesregierung in der Vergangenheit einseitig auf das Regime des im Mai abgetretenen Präsidenten Suharto ausgerichtet war und auch sein umstrittener Nachfolger Habibie in enger Verbindung zu Deutschland steht. „80 Prozent der deutsch-indonesischen Wirtschaftsbeziehungen haben nichts mit Politik zu tun,“ meint Kleinsteuber.

Der niederländische Consultant Laurens Zevenberger, der deutsche Firmen bei Investitionen in Indonesien berät, sieht das allerdings anders. „Erfolg in Indonesien hat man nur mit politischen Beziehungen“, sagte er kürzlich auf einer Veranstaltung in Köln, auf der für Investitionen in Indonesien geworben wurde. „Politische Kontakte sollten allerdings nicht hinausposaunt werden.“ Laut Zevenberger würden Geschäfte deutscher Firmen, die enge Beziehungen zum Suharto-Clan gehabt hätten, heute darunter leiden.

„Wir zahlen an das Militär, die Polizei und die Marines“, sagt Albrecht Duin, Geschäftsführer der Münchner Elektronikfirma inductor, die in Jakarta 440 Mitarbeiter beschäftigt. „Zweimal im Jahr verteilen wir Lebensmittel an umliegende Dörfer, damit sie uns gegenüber positiv eingestellt sind.“ Für seine Firma ist das kein Problem. Denn sie produziert ausschließlich für den Export auf Dollar-Basis. Wegen der Abwertung der Rupiah sind die Lohnkosten umgerechnet um über zwei Drittel gesunken. „Worauf warten Sie noch?“ fragt Duin potentielle Investoren. „Billiger wird es nicht!“

Vor allem die Menschen – Indonesien hat mit 202 Millionen Einwohnern die viertgrößte Bevölkerung der Welt – lassen deutsche Firmen in Indonesien ausharren. „Die Wirtschaft vertraut auf den langfristigen Entwicklungsprozeß“, sagt Matthias Funk vom Ostasiatischen Verein in Hamburg, dem Verband deutscher Firmen im Asiengeschäft.

Ein Vertrauensbeweis sei die „Technogerma“. Diese größte deutsche Auslandsmesse findet Anfang März mit 190 Ausstellern in Jakarta statt. Noch vergangenes Jahr gab es Diskussionen, die Messe abzusagen. Jetzt fährt Bundeswirtschaftsminister Werner Müller auf seiner ersten großen Auslandsreise nach Indonesien zur Messe. „Mit Geschäftsabschlüssen ist wohl nicht zu rechnen“, räumt Funk ein.

Zuvor tagt auch wieder das deutsch-indonesische Forum für Wirtschaft und Technologie. Früher diskutierte das bilaterale Gremium über den Transrapid, den die deutsche Industrie gern zwischen Jakarta und Surabaya bauen wollte.

Heute ist das kein Thema mehr. „Das war wohl etwas naiv von uns gedacht“, sagt Kleinsteuber von der Handelskammer. Jetzt ginge es um Pläne zur Abwasserversorgung von 40 Städten. Die müßten deutsche Firmen allerdings vorfinanzieren. Sven Hansen

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