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Schlichte Wahrheit

■ Dürfen Geheimpapiere in roten Ordnern durch das Rathaus getragen werden?

„Die Profilierung der Hamburger CDU wird vor allem erschwert durch innerparteiliche Macht- und Richtungskämpfe und durch den Weggang des Bundesministers a.D. Rühe als Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Schleswig-Hol-stein.“ Eine Einschätzung, die man teilen kann. Brisant wird diese Aussage durch den Zusammenhang, in dem sie steht: Bild dokumentierte sie gestern als Teil eines Geheimpapiers, das angeblich von der Senatskanzlei angefertigt wurde.

Das wäre verfassungsrechtlich bedenklich. Denn die Analyse der Opposition könnte als Wahlkampfarbeit verstanden werden, und eine solche darf die Senatskanzlei als Regierungsstelle nicht leisten. Das Papier sei jedoch in einem roten Behördenordner im Rathaus herumgetragen worden und für die Chefin der Senatskanzlei, Staatsrätin Gitta Trauernicht, bestimmt gewesen, so die Zeitung. Auch Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) soll die Ausarbeitung in den Händen gehabt haben.

SPD-Landesgeschäftsführer Werner Loewe dagegen erklärte gestern, das Papier sei am 21. Januar dieses Jahres in der Landeszentrale seiner Partei erarbeitet worden und damit nicht in einer Regierungsstelle entstanden. Derartige Analysen seien üblich und würden regelmäßig auf der Basis von Zeitungslektüre, politischen Einschätzungen und persönlichen Gesprächen verfaßt. Allerdings nicht von Parlamentariern, betonte der Sprecher der SPD-Fraktion, Armin Huttenlocher: „Analysen, die über die Arbeit der einzelnen Bürgerschaftsfraktionen hinausgehen, werden von uns nicht erstellt.“

In einem Punkt waren sich gestern SPD, GAL und CDU einig: Das „SPD-Geheimpapier“ ist unspektakulär und schlichten Inhalts. Unterschiedlicher war die Bewertung, ob es durch Boten in Umlaufmappen durchs Rathaus hätte getragen werden dürfen. CDU-Fraktionssprecher Gert Boysen sieht darin einen Beleg für die Praxis, unerlaubt Regierungs- und Parteiarbeit zu verquicken. Die GAL-Fraktion wiederum hat sichtlich Schwierigkeiten, den Fall ernst zu nehmen. Das sei nicht mehr als ein „Sturm im Wasserglas“, so Fraktionssprecherin Tina Fritsche. lno

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