Nachgefragt: „Kommen Sie in vier Wochen wieder“
■ Was ein junger Mann bei seiner Jobsuche beim Arbeitsamt erlebte
Im Rahmen des Bonner Sofortprogramms zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit (siehe Bericht S. 21) plant die Bremer Straßenbahn AG den neuen Ausbildungsberuf der „Service- und Fahrfachkraft“. Arbeitsamtsfinanziert sollten im Frühjahr die ersten zweijährigen Ausbildungsplätze kommen, so die Ankündigungen von rund 100 Stellen – von denen Ferhat Avci vor Wochen in der Zeitung las. Der 25jährige Türke, derzeit als ungelernte Kraft bei einer Schnellimbißkette beschäftigt, lief sofort los, um „seine Chance“ beim Arbeitsamt zu bekommen. Der taz schildert er, was er beim Arbeitsamt erlebte.
taz: Wie lief Deine Bewerbung beim Arbeitsamt?
Ferhat Avci: An meinem ersten arbeitsfreien Tag bin ich gleich zur Berufsberatung gegangen und habe nach der Fahrerausbildung gefragt. Aber die haben mir dort eigentlich nur gesagt, daß sie davon nichts wüßten. Angeblich sind die nicht so im Kontakt mit der BSAG. Ich habe verstanden, daß die ganze Sache noch nicht „so fertig“ gewesen ist. Die vom Arbeitsamt sind von 50 Stellen ausgegangen ... da hat die Berufsberaterin sich schon gewundert, wie die so viele Azubis unterbringen wollen. Als ich ihr gesagt habe, daß ich in der Zeitung von 100 Stellen gelesen hatte, hat sie sich noch mehr gewundert. Dann hat sie gesagt, in vier Wochen wüßte sie mehr.
Was hast Du daraufhin gemacht?
Bei der BSAG angerufen.
Auf Rat des Arbeitsamtes?
Ich hatte dort gefragt, ob das hilft, bei der BSAG anzurufen. Die Beraterin hat gesagt, ich könnte das mal versuchen. Bei der BSAG-Personalabteilung hat mir dann eine Frau gesagt, die Einstellungen würden erst zum Jahresende geplant. Dabei habe ich aber erfahren, daß es auch andere Ausbildungen gibt. Da könnte ich mich bewerben, sagte man mir.
Kommst Du mit 25 Jahren noch fürs Jugendprogramm in Frage?
Ich habe beim Arbeitsamt gefragt, ob ich mit vollendeten 25 Jahren noch eine Chance habe; ich werde im Dezember 26. Aber das konnten sie mir auch nicht genau sagen.
Was hast Du für einen Schulabschluß?
Das ist so ein Problem. Ich habe einen Abschluß am türkischen Gymnasium. Aber die von der Berufsberatung haben mir schon vor längerem gesagt, daß das schwierig ist. Weil die Systeme in der Türkei und in Deutschland unterschiedlich sind, gilt das als Realschulabschluß. Aber ich habe dafür keine Durchschnittsnote bekommen – obwohl das Zeugnis nach den türkischen Noten, sage ich mal, ganz gut ist. Aber der Berufsberater hat gesagt, ein deutscher Arbeitgeber würde mich nicht mal zum Bewerbungsgespräch einladen, weil er nicht erkennen kann, wo ich gut bin. Er bekommt nur ein Blatt, auf dem steht, daß mein türkisches Abi hier als Realschulabschluß anerkannt wird.
Hat man Dich beraten, was Du sonst noch machen kannst?
Ich möchte gerne Informatik machen. Aber die nehmen nur höhere Handelsschule oder Abiturienten. Deswegen kriege ich dafür nicht mal Adressen. Man hat mir eine Fortbildung vorgeschlagen. Aber das muß ich mir erst noch überlegen.
Fragen: Eva Rhode
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