Kommentar: Kultur kostet
■ Die bezirkliche Kulturarbeit benötigt Reformen
Beim Stichwort „Kulturhauptstadt Berlin“ bekommt Kultursenator Peter Radunski regelmäßig glänzende Augen. Die Museen sind erstklassig. An den Theatern brummt es, neue Intendaten kommen. In den drei Opernhäusern rauscht es, und die Philharmoniker geben dazu den guten Ton. Daß es hinter den Kulissen knirscht, um Geld für die „Leuchttürme“ gerungen wird oder sich das Intendatenkarussell samt Personal kräftig dreht, ficht Radunski dabei wenig an. Hauptsache, der Bär steppt und ein Event jagt das andere.
Beim Stichwort „bezirkliche Kulturarbeit“ müßte der Senator ebenfalls glänzende Augen bekommen – aber nicht vor Freude, sondern aus Frust. Denn den Kulturämtern fehlt das Geld an allen Ecken. Die Volkshochschulen knabbern am Hungertuch, Musikschulen schließen, und kaum eine Ausstellung kann noch ausreichend finanziert werden. Gerade denen, die der Kultur vor Ort bedürfen, wird der besagte Hahn abgedreht.
Verantwortlich für die desolate Lage kommunaler Kulturarbeit ist der Kultursenator nicht unmittelbar. Die Mittelvergabe regeln die Bezirke selbst, und beim Hauen und Stechen um die wenigen Gelder in den Globalhaushalten heißt es nach wie vor: zuletzt Kultur. Doch genau hier wäre Radunski gefordert. Wenn sich herausstellt, daß die bezirkliche Kulturarbeit aufgrund politischer Entscheidungen die Abwicklung droht, sind Korrekturen angesagt. Daß Radunski sich hier ziert und auf die Bezirksreform verweist, um dann über „neue Formen“ nachzudenken, kann sich als fataler Irrtum herausstellen. Denn wo keine Kulturarbeit mehr existiert, kann man sie schwer wiederbeleben.
Die bezirkliche Kulturarbeit benötigt eine gesetzliche Regelung – jetzt. Sonst ist sie tot. Ebenso wie alle anderen Ressorts, müssen Bezirke die Kultur in die Pflicht nehmen. Zugleich kann der Senat darauf drängen, zum Erhalt der Institutionen finanzielle Mindestausstattungen bereitzustellen. Mit einer solchen Regelung wäre weder die Autonomie der Bezirke noch die eigene Verantwortung über die Verwendung der Kulturmittel gefährdet. Die Kunst bliebe kommunal – und finanziert. Rolf Lautenschläger
Bericht Seite 21
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