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KommentarKurzsichtig

■ Die Privatisierung der Wohnungsgesellschaften ist gescheitert

Eigentlich sind sie nicht zu beneiden, die Wohnungsbaugesellschaften im Ostteil der Stadt. Schon im Zusammenhang mit der Regelung der DDR-Altschulden mußten sie 15 Prozent ihres Wohnungsbestandes verkaufen. Im vergangenen Jahr wurden sie erneut zur Ader gelassen. Um den Schuldenberg von Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing abzubauen, durften sich die Gesellschaften in sogenannten „In-Sich-Käufen“ gegenseitig fressen. Dabei kaufte die Neue-Heimat-Nachfolgerin WIR unter anderem die Wohnungsbaugesellschaft Prenzlauer Berg, und die Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshain wurde von ihrem Pendant in Mitte geschluckt. Die Folge: Um den bei den Banken aufgenommenen Kaufpreis zu finanzieren, mußten die Gesellschaften weitere Wohnungsbestände privatisieren.

Doch der Abschied von einer kommunalen Wohnungspolitik ist nur die eine Seite des gescheiterten Privatisierungskurses, der über steigende Mieten auch zu höheren Ausgaben der bezirklichen Sozialämter führt.

Die andere Seite des Ausverkaufs betrifft die Art der Privatisierung selbst. Entgegen der offiziellen Linie des Senats wurde der Großteil der Häuser nicht direkt an die Mieter, sondern an dubiose Zwischenerwerber verkauft. Und dies, obwohl diese oft weniger boten als die kaufwilligen Mieter. So wurden die Wohnungen in der Reinhardtstraße in Mitte, die nun für 6.700 Mark pro Quadratmeter verkauft werden, an den Zwischenerwerber für weniger als 1.000 Mark abgestoßen. Die schnelle Mark wog offenbar mehr als der Abschluß seriöser Verträge.

Mit dieser kurzsichtigen Politik konterkarierten die Gesellschaften aber nicht nur die Vorgaben des Senats. Sie schürten auch Zweifel am politischen Ernst einer „Eigentumskampagne“, mit der der zunehmenden Stadtflucht begegnet werden sollte. Nur Mieter, die zu Eigentümer werden, fühlen sich langfristig an Berlin gebunden, lautete die Devise sowohl von Bausenator Klemann als auch von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder. Beide haben ihre Rechnung allerdings ohne die Finanzsenatorin und ohne die Wohnungsbaugesellschaften gemacht. Uwe Rada

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