piwik no script img

Runder Tisch mit Kurden in Berlin

■ Parlamentarier bemühen sich um Dialog gegen Gewalt. Nach Schüssen in israelischer Botschaft bislang keine weiteren Zwischenfälle. Dennoch verhängt Innensenator Werthebach ein Versammlungsverbot für das ge

Berlin (taz) – In Berlin standen die Zeichen gestern auf Entspannung: Während die Proteste von PKK-Anhängern in anderen bundesdeutschen Städten weitergingen, blieb es in der Hauptstadt zwei Tage nach den tödlichen Schüssen im israelischen Generalkonsulat ruhig. Aufrufe zur Besonnenheit und Versuche zur Vermittlung beherrschten das Bild.

Um der drei Toten zu gedenken, legten am Nachmittag sieben Vertreter der Kurdischen Gemeinde am Zaun des Konsulats einen Kranz nieder. Die Gemeinde hatte ihre Mitglieder dazu aufgefordert, zu Hause zu bleiben. Anschließend begaben sich die Gemeindevertreter zu einem Gespräch mit der israelischen Generalkonsulin in das Gebäude. Am frühen Abend wollten zwei Berliner Parlamentarier kurdischer Herkunft mit dem israelischen Botschafter Avi Primor zusammentreffen.

Ein Sprecher des Auswärtigen Amts erklärte gestern in Bonn, nach einer „vorläufigen Prüfung“ gebe es keine Anhaltspunkte für ein schuldhaftes Verhalten der israelischen Sicherheitsbeamten. Sie hatten die Schüsse abgegeben, die drei Menschen töteten und 16 weitere Botschaftsbesetzer verletzten. Die Beamten sollen Deutschland in Kürze verlassen. Inzwischen haben die Berliner Behörden auch die dritte Tote identifiziert. Entgegen anderslautender Gerüchte sei das Opfer volljährig gewesen, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Gegen die Botschaftsbesetzer seien 29 Haftbefehle erlassen worden, 14 dieser Besetzer wurden unter Auflagen auf freien Fuß gesetzt.

Botschafter Primor nahm gestern die Berliner Polizei gegen den Vorwurf in Schutz, sie habe das Konsulat nicht ausreichend geschützt. Deutsche und israelische Behörden seien von der Aktion gleichermaßen überrascht worden, sagte der Botschafter der „Deutschen Welle“. Dagegen wurde der Berliner Innensenator Eckart Werthebach (CDU) vom Koalitionspartner SPD scharf angegriffen. Ein Parteisprecher sagte, der unzureichende Schutz des isrealischen Konsulats werde ein „parlamentarisches Nachspiel“ haben.

Bereits am Donnerstag abend hatte sich im Berliner Abgeordnetenhaus auf Initiative von zwei Parlamentariern kurdischer Herkunft ein „Runder Tisch“ gebildet. Daran nahm neben VertreterInnen von SPD, Bündnisgrünen und PDS auch Parlamentspräsident Herwig Haase (CDU) sowie VertreterInnen kurdischer Vereine teil. „Der Dialog ist eröffnet“, sagte Haase gestern. Die Politiker wollen auch türkische und jüdische Organisationen für die Teilnahme gewinnen.

Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Andreas Nachama, zeigte sich gestern sehr erfreut über diesen Vorschlag. „Schon unter meinem Vorgänger gab es immer einen Dialog mit kurdischen Gruppen“, betonte Nachama, „ich bin offen für ein solches Gespräch“.

Morgen jedoch könnte es auch in Berlin mit der Ruhe vorbei sein: Ein „Initiativkreis 17.2.“ rief für Sonntag zu einem Demonstrationszug zum türkischen Konsulat auf. In dem Aufruf heißt es, wer „die Verantwortung für die Todesschüsse auf die Betroffenen selbst“ abwälze, verkehre das „Täter-Opfer-Verhältnis“. Der Berliner Innensenator kündigte daraufhin gleich ein Versammlungsverbot für das gesamte Wochenende an. „Die Berliner Polizei wird jede Versammlung sofort auflösen“, sagte Werthebach. Ralph Bollmann, Sabine am Orde

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen