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Überschriften unterdrücken Informationen

Die Herausgeberinnen der Zeitschrift „Vor der Information“ stellen ihren aktuellen Band zu Migrationspolitik vor  ■ Von Britta Peters

In der journalistischen Praxis erscheint der Gedanke absurd: Bei Artikeln zum Thema Migration auf die Headline zu verzichten, weil sie „dem offiziellen Staatsrassismus zuarbeitet“. Die Herausgeberinnen der Wiener Zeitschrift Vor der Information sehen das anders. Bei der Konzeption von „Staatsarchitektur“, der aktuellen Ausgabe ihrer Zeitschrift zum Thema Migrations- und Asylpolitik, haben sie so eine Überschriften-Abstinenz zunächst in Erwägung gezogen. Entschieden haben sie sich dann für eine Art Headline-Diät mit „Bildtiteln“ als eine neue Form des Layouts. Durch eine inszenierte Fotografie, die die Textzeile mitabbildet, soll ein inhaltlicher Einstieg in den Artikel ermöglicht werden, der weniger reduziert und reißerisch ist als bei einem herkömmlichen Aufmacher.

Für die Arbeit an dem aktuellen Heft scheint diese Diskussion exemplarisch zu sein. Bei dem Versuch, unterschiedliche Beiträge zum Thema Rassismus zusammenzustellen und zu redigieren, ist die Redaktion immer wieder an gestalterische, vor allem aber an sprachliche Grenzen gestoßen. Zu dem gewählten Schwerpunkt werden eine Menge interessanter Beiträge veröffentlicht – unter anderem über die ZAPO (Zentrale integrierte Anlaufstelle für PendlerInnen aus Osteuropa) oder die LEFÖ (Lateinamerikanische emigrierte Frauen in Österreich) – aber auch Selbstreflexion und Sprachkritik nehmen einen großen Raum ein. Über die einleitende Feststellung: „Es gibt keine Position außerhalb rassistischer Strukturen, genauso wie es auch keine Sprache gibt, die keine/n ausschließt“ hinaus sah man sich veranlaßt, ein Glossar der verwendeten Begriffe anzulegen. Das Wort „MehrheitsösterreicherInnen“ zum Beispiel wurde als Ersatz für „weiß, österreichisch, christlich“ usw. gewählt. Ob man aber durch Satzkonstruktionen wie „so haben Marth und ich, als Mehrheitsösterreicherinnen, entschieden...“ dem Wunsch nach einer unterdrückungsfreien Sprache tatsächlich näherkommt, darf bezweifelt werden.

Ziel der seit 1994 bestehenden Zeitschrift ist es, kritische Kräfte aus den Bereichen Kunst, Wissenschaft und Politik zu verknüpfen und ihnen ein gemeinsames Forum zu bieten. Dokumentarische Arbeitsweisen (1/2), Berichterstattung (3/4) und Übersetzungsprobleme (5/6) sind die Themen der bisherigen Ausgaben. Die Erscheinungsweise ist unregelmäßig einmal im Jahr, für die dicke „Staatsarchitektur“ wurden zwei Jahre benötigt. Der Name Vor der Information verweist darauf, daß die zu vermittelnde Information einen Prozeß darstellt und im Gegensatz zur Ware Information nicht im großen Stil handhabbar ist.

Die Herausgeberinnen Jo Schmeiser, Gabi Marth umd Simone Bader kommen ursprünglich aus dem medienkünstlerischen Bereich. Doch sei ihnen das politische Engagement innerhalb der Kunstszene zu wenig gewesen, beschreibt Schmeiser die gewachsene Distanz zum Kunstbetrieb.

„Staatsarchitektur“ wird heute um 20.30 Uhr von den Herausgeberinnen im Rahmen der von der GWA St. Pauli Süd und dem B-Movie organisierten Veranstaltungsreihe Der große Ausschluß in der Brigittenstraße 5 vorgestellt. Im Anschluß zeigt die Regisseurin Hito Steyerl ihren 16mm-Film Die leere Mitte, ein Essay über den Potsdamer Platz und die Geschichte der dort vollzogenen Platzverweise.

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