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EU fordert fairen Öcalan-Prozeß

■ Außenminister sprechen sich gegen Todesstrafe aus und verurteilen Terrorismus. Politische Problemlösung von Kurden und Türkei verlangt. PKK-Mitglieder nahe Zuchthausinsel verhaftet

Berlin (dpa/AFP/taz) – Die Europäische Union verlangt von der Türkei einen fairen und öffentlichen Prozeß für Abdullah Öcalan. Zugleich spricht sie sich gegen die Todesstrafe für den Chef der kurdischen Arbeiterpartei PKK aus. Eine gestern in Luxemburg von den EU-Außenministern verabschiedete Erklärung erteilt ferner jeder Art von Terrorismus eine Absage: „Berechtigte Interessen müssen sich durch einen politischen Prozeß ausdrücken und nicht durch Gewalt.“ Österreichs Außenminister Wolfgang Schüssel forderte die Türkei auf, sich nicht weiter dem politischen Dialog mit der EU zu verweigern.

Die Außenminister verlangen, daß Öcalan „Zugang zu einem Anwalt seiner Wahl“ haben müsse. Die türkische Regierung hatte den Anwälten Öcalans die Einreise verweigert. Außerdem müßten zum Prozeß internationale Beobachter zugelassen sein.

Die Außenminister verurteilen auch, daß die Festnahme Öcalans in Europa zu massiven Unruhen mit Toten geführt hat. „Es muß den Kurden klar sein, daß die Lösung in der Türkei und nicht auf den Straßen Europas liegt“, sagte Schüssel. Die EU bekräftigte, sie unterstütze die „territoriale Integrität der Türkei“. Gleichzeitig erwarte sie aber, „daß die Türkei ihre Probleme mit politischen Mitteln und mit vollem Respekt vor den Menschenrechten löst“. Ankara müsse seine beim Europarat eingegangenen Verpflichtungen einhalten. „In diesem Zusammenhang begrüßt die EU alle echten Bemühungen, den Kampf gegen den Terrorismus und die Suche nach politischen Lösungen zu trennen und die Versöhnung zu fördern.“ Die EU werde auch weiterhin finanzielle Unterstützung für diesen Weg leisten. Insgesamt würden die türkischen Bemühungen in diesem Sinne auch die Beziehungen zur EU positiv beeinflussen.

An der Rolle Griechenlands im Fall Öcalan wurde bei den Außenministern nur verhalten Kritik geübt. Schüssel sagte, er hätte es besser gefunden, wenn die Regierung in Athen die EU-Partner schon aus Solidarität umfassend informiert hätte. Angesichts der gut organisierten Kurdenproteste forderte er, die EU-Staaten müßten den Informationsaustausch verbessern.

Unterdessen sind in der Nähe des Versorgungshafens für die Zuchthausinsel Imrali, auf der Öcalan seit einer Woche in Haft sitzt, 13 mutmaßliche PKK- Mitglieder festgenommen worden. Das berichtete der private türkische Nachrichtensender NTV. Augenzeugen zufolge werden vom Hafen von Mudanya im Vorfeld des Gerichtsverfahrens größere Mengen Baumaterial, darunter mehrere Ladungen kugelsicheres Glas, auf die Insel gebracht.

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