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Mercosur kritisiert EU-Agrarpolitik

■ Die lateinamerikanische Wirtschaftsgemeinschaft wirft der europäischen Konkurrenz auf einem Treffen in Rio Protektionismus vor

Buenos Aires (taz) – Der brasilianische Präsident Fernando Henrique Cardoso war eindeutig. Die Europäische Union (EU) habe in der Landwirtschaft einen „enormen Apparat des Protektionismus und der Subventionen errichtet“, um ihre Agrarindustrie vor außereuropäischer Konkurrenz zu bewahren. Während die südamerikanische Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur ihre Märkte für europäische Waren geöffnet habe, sei es weiterhin sehr kompliziert, Agrarprodukte nach Europa zu exportieren, erklärte er und forderte, „dieses Ungleichgewicht zu korrigieren“.

Auf einem Unternehmerforum in Rio de Janeiro diskutierten 70 Geschäftsleute aus Europa und den Mercosurstaaten in den vergangenen beiden Tagen darüber, wie der Annäherungsprozeß der beiden Wirtschaftsblöcke aussehen könnte. Der Präsident der Tagung, BASF-Chef Jürgen Strube, sicherte dem Mercosur seine Unterstützung zu und forderte ihn dazu auf, „auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten den Weg der Liberalisierung, der Integration und der Marktöffnung zu gehen“. Die Antwort aus dem Süden blieb nicht aus. Guido di Tella, Außenminister von Argentinien, sagte: „Es tut uns weh, daß Europa so viel Geld für etwas Unnützes ausgibt.“ Und Cardoso beklagte, daß Brasilien für seine Marktöffnung „wenig Gegenleistungen von entwickelteren Ländern erhalten hat, damit unsere Exporte leichter in diese Märkte kommen“.

Noch immer hoffen EU und Mercosur, mit den Vorbereitungen für eine gemeinsame Freihandelszone im Jahr 2001 beginnen zu können. Doch eines der größten Probleme bei der Annäherung von Mercosur und EU ist die Landwirtschaft. Im vergangenen Sommer drohten die Mercosurstaaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay gar, die Gespräche über eine Freihandelszone mit der EU platzen zu lassen, falls die EU nach Ausnahmeregelungen für die Landwirtschaft suche.

Agrargüter zählen zu den Hauptexportprodukten der Mercosurstaaten, lediglich in die EU kommen sie damit nur schwer. Ohne Subventionen und staatlichen Schutz sind die Agrarfabriken der südamerikanischen Länder dem Weltmarkt ausgesetzt und produzieren wesentlich billiger als europäische Landwirte. Entsprechend sind sie auf eine Öffnung der europäischen Märkte angewiesen.

Beifall für seine Europa-Schelte bekam Cardoso vom brasilianischen Unternehmerverband. „Alles, was er sagt, ist wahr“, freute sich Gouvea Veira, Präsident der Föderation der Industrien von Rio de Janeiro (Firjan). „Brasilien wurde immer vorgehalten, seine Türen nicht weit genug für den internationalen Markt geöffnet zu haben. Als man sich dann für mehr Offenheit entschieden hatte, verschlossen sich gerade die Länder, die sich immer als offen bezeichnen, gegenüber dem Mercosur.“

Dennoch wandte sich Cardoso dagegen, daß in Brasilien „alte Schemen des Protektionismus und der wirtschaftlichen Isolierung“ wiederbelebt würden, um die derzeitige Krise zu bekämpfen. Gerade für den Mercosur könne dies nur den Anfang vom Ende bedeuten. Argentinische Unternehmer rufen immer wieder nach Mechanismen, um die eigene Wirtschaft zu schützen, da sie fürchten, daß Argentinien nach der Abwertung der brasilianischen Währung von brasilianischen Waren überschwemmt würde. Ingo Malcher

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