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Bischöfe finden Scheinlösung

■ Statt des bisher üblichen Scheins für die Schwangerenberatung will die Mehrheit der katholischen Bischöfe einen "Beratungs- und Hilfeplan". Aber nicht ohne das Jawort des Papstes

Lingen (dpa/AFP/taz) – Die deutschen Bischöfe wollen prinzipiell in der staatlichen Schwangerenberatung bleiben – überlassen aber dem Papst das letzte Wort. Auf ihrer Konferenz in Lingen sprach sich – wie Teilnehmer berichteten – eine deutliche Mehrheit für eine neue Form der Beratung aus: Den „Beratungs- und Hilfeplan“. Er soll den alten Schein ersetzen, der es Schwangeren ermöglicht, straffrei abzutreiben.

Ob der Papst diesem Kompromiß zustimmen wird, ist ungewiß. Er war auch auf der Bischofskonferenz heftig umstritten. Offiziell teilten die Kirchenoberen das Abstimmungsergenis gar nicht mit.

Den alten Schein hatten konservative Kirchenmitglieder, wie der Fuldaer Erzbischof Johannes Dyba, als „Lizenz zum Töten“ bezeichnet. Vor einem Jahr hatte dann der Papst die deutschen Bischöfe „eindringlich“ gebeten, die Beratung in der jetzigen Form aufzugeben. Seit einigen Jahren müssen Frauen vor einer Abtreibung nachweisen, daß sie von einer staatlich anerkannten Stelle beraten wurden. Für die 270 deutschen Beratungsstellen der katholischen Kirche suchten die Bischöfe seit dem Papstbrief nach einer neuen Lösung.

Um den jetzt gefundenen Kompromiß haben die Teilnehmer der Konferenz seit Montag „miteinander gerungen“, wie sich der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Karl Lehmann, ausdrückte. „Wir sind aber beieinander geblieben.“ Folge des Zwists unter den Oberhirten: Dem Papst werden neben dem „Beratungs- und Hilfeplan“ noch drei andere Modelle zur Schwangerenberatung vorgelegt. Zwei davon sehen den Ausstieg der katholischen Kirche aus dem gesetzlichen System vor. Das will allerdings nur eine erzkonservative Minderheit.

Der eher liberale Bischof Lehmann betonte, durch „einen totalen Rückzug aus der Pflichtberatung“ würde die Kirche den „Rang des Lebenschutzes“ vermindern. Dies entspricht einer unter den Bischöfen weitverbreiteten Haltung: Lieber in der Beratung für das ungeborene Leben sprechen, als die Frauen zu nichtkirchlichen Stellen schicken.

Ein drittes Modell hatte vorgesehen, daß die Ärzte sich vor einer Abtreibung bei der Kirche vergewissern, ob die Schwangere auch wirklich beraten wurde. Gegen diesen Vorschlag spricht aber der Datenschutz. Bischof Lehmann sagte, er wende sich jetzt mit „verhaltener, aber gestärkter Zuversicht“ an den Unfehlbaren in Rom. „Dabei sind wir alle in gleicher Weise überzeugt, daß eine Entscheidung getroffen werden muß.“ Die Bischöfe wollen ihren Kompromiß nur nach einer Zustimmung durch den Papst umsetzen.

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