: Grün-gelbes Gerangel um Paß
Regierungspartei Bündnis 90/Grüne stellt Forderungen an die Oppositionspartei FDP: Immigranten sollen nicht erst nach 30 Jahren Deutsche werden dürfen ■ Aus Bonn Bettina Gaus
In der Bonner Koalition bestehen auch weiterhin erhebliche Meinungsunterschiede über die Ausgestaltung des neuen Staatsbürgerschaftsrechts. „Eine Einigung wird schwierig“, erklärte Kerstin Müller, Fraktionschefin von Bündnis 90/Die Grünen, gegenüber der taz. „Unser Ziel ist es, sowohl bei der Einführung des Geburtsrechts als auch beim Ziel der erleichterten Einbürgerung weiterzukommen. Wir sind kompromißbereit, aber wir wollen auch Verbesserungen für die hier lebenden Ausländer und Ausländerinnen erreichen.“
Bündnisgrüne Abgeordnete äußerten gestern bei ersten Beratungen über den neuen Entwurf von Innenminister Otto Schily (SPD) erhebliche Bedenken. Sie halten es nicht für ausreichend, nur Ausländern, die seit mehr als 30 Jahren in Deutschland leben, die doppelte Staatsangehörigkeit zu gewähren und wünschen eine Verkürzung dieser Frist. Probleme bereitet ihnen auch die Sozialklausel, der zufolge nur eingebürgert wird, wer „nachhaltig“ selbst seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Außerdem halten sie die Regelung für zu eng, die eine Einbürgerung im Falle einer gerichtlichen Verurteilung zu 90 Tagessätzen ausschließt.
Parlamentarier von Bündnis 90/Die Grünen hatten bereits Kompromißbereitschaft im Blick auf das Optionsmodell der FDP signalisiert, das von einem bestimmten Alter an die Entscheidung für nur eine Staatsbürgerschaft vorschreibt. „Das macht für Grüne aber nur Sinn, wenn bei den Einbürgerungsfragen Fortschritte erreichbar sind“, sagte der Abgeordnete Volker Beck. Die FDP lehnt die Nachbesserungswünsche der Grünen ab. Daran zeige sich, so Müller, „wer der wahre Blockierer ist. Die FDP will nicht wirklich einbürgern und reformieren.“
Die nächsten Tage werden im Zeichen hektischer Beratungen stehen. Am heutigen Mittwoch will sich Schily mit bündnisgrünen Abgeordneten treffen. Morgen wird es weitere Gespräche zwischen FDP und Bundesregierung geben. Am Abend kommt die Koalitionsrunde bei Bundeskanzler Schröder zusammen. Am Montag werden sich die Fraktionen in Sondersitzungen mit dem Gesetzentwurf befassen, der dann – im Falle einer Einigung – am Dienstag vom Kabinett abgesegnet werden soll.
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