: Ein ständiges Sichdrehen im Kreis
■ Trotz fehlender Fördergelder startete das Theater am Halleschen Ufer das SoloDuoFestival. Damit hält es weiter an der freien Tanzszene fest und bietet ihr ein Schaufenster für Kontakte
Als das Theater am Halleschen Ufer am 30. Dezember des vergangenen Jahres erfuhr, daß ihr Antrag auf Förderung des SoloDuoFestivals abgelehnt worden war, entschloß sich das Haus schnell, das Festival dennoch zu starten. „Abgesprungen ist niemand von den Künstlern“, erzählt Zebu Kluth, Leiter des Theaters. Denn groß sind die Hoffnungen, von diesem Schaufenster aus weitere Kontakte aufbauen und Unterstützung finden zu können.
Für Tänzer und Choreographen sind Soli und Duette eine wichtige künstlerische Form, um über ihre eigene Arbeit nachzudenken. „Letztes Jahr haben wir mit der Gründung des Festivals auf die Bedürfnisse der Szene reagiert“, erklärt Kluth. „Einzelne Soloproduktionen drohen im Grundrauschen des Kulturbetriebs unterzugehen.“ Bei einem Festival dagegen ist das Publikum offener, sich auch auf bisher Unbekanntes einzulassen. Die fast 30 Tänzer und Choreographen des diesjährigen Festivals nehmen dafür in Kauf, vorerst nur an zwei Abenden zeigen zu können, was sie lange erarbeitet haben. Das Theater investiert dafür einen großen Teil seiner Technikerstunden in die schnellen Bühnenwechsel.
Das Problem ist der unentschlossene Senat
So dient das Theater am Halleschen Ufer (THU) mit dem SoloDuoFestival weiter als Plattform der freien Tanzszene. Das sieht auch Claudia Henne so, Journalistin des SFB und Spezialistin für den Tanz im Beirat. Daß trotzdem alle drei Anträge des THU auf Förderung von Reihen und Produktionen abgelehnt wurden, versteht sie weniger als Kritik am Programm denn als kulturpolitischen Notruf. Das Problem liege in der Unentschiedenheit des Senats, wie sich das Feld der geografisch nahen und inhaltlich teils verwandten Häuser Theater am Halleschen Ufer, tanzfabrik, Theater am Ufer und Hebbeltheater langfristig definieren solle. Ihre Befürchtung ist, daß auch durch die Entwicklung neuer Spielstätten wie Dock 11 oder Sophiensäle Kapazitäten aufgebaut werden, für die dann die Mittel zur Bespielung fehlen.
Genau mit diesem Problem aber dreht sich das Theater am Halleschen Ufer schon lange im Kreis. Als Spielstätte zwar gefördert, doch ohne eigene Projektmittel, „können wir wieder nur auf die Entwicklung der Szene reagieren und kaum Schwerpunkte setzen oder Förderung von Künstlern aufbauen“, sagt Kluth. Eine Verbesserung des Image kann auf diesem Weg schwerlich gelingen.
Daß in dieser heiklen Situation das Theater am Halleschen Ufer plötzlich in einem Gespräch zwischen dem Staatssekretär Lutz von Pufendorf und dem Züricher Theaterregisseur Volker Hesse, den Pufendorf für Berlin gewinnen will, als Verfügungsmasse auftauchte, stärkt nicht gerade das Vertrauen in den kulturpolitischen Rückhalt. Aber über solche Gerüchte hat Kluth aufgehört sich Gedanken zu machen.
Mehr beschäftigt ihn die Suche nach alternativen Theaterformen. Die Tanzszene sei zwar experimentierfreudiger, ihr Potential reiche aber nicht aus, das Haus zu füllen. Im Schauspiel jedoch entwickle sich die Offszene immer mehr Richtung Stadttheater auf unterbezahltem Niveau, beschreibt er die Schwierigkeit, hier ein Programm mit Profil zu finden.
Dem Theater hat der Tanz nicht zuletzt eine größere Flexibilität voraus, was das Überwinden kultureller Grenzen angeht.
Heute und morgen verspricht das SoloDuoFestival, das noch bis zum 21. März läuft, unterhaltend zu werden mit drei Stücken von der portugiesischen Choreographin Angela Guerreiro, dem New Yorker Tänzer Erico Villanueva und einem Duo aus Sao Paulo. Katrin Bettina Müller
SoloDuoFestival: 11. und 12. März; mit Enrico Villanueva, Aloisio Avaz, Marcos Gallon; 14. und 15. März drei Soli von Thomas Lehmen; jeweils 21 Uhr, Karten 18 Mark, ermäßigt 15 Mark
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen