: Eine demokratische Vereinigung
Veranstaltung gegen Wehrmachts-Ausstellung abgesagt. Bundeswehr kamen nach Saarbrücker Anschlag Sicherheitsbedenken ■ Von Eberhard Spohd
Der Kronzeuge muß schweigen. Eigentlich wollte Rüdiger Proske am Montag abend einen Vortrag „Wider den Mißbrauch der Geschichte deutscher Soldaten zu politischen Zwecken“ halten (die taz berichtete am Montag). Der Hamburger Publizist hatte 1996 eine Streitschrift unter diesem Titel gegen die Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944“ des Hamburger Instituts für Sozialforschung veröffentlicht. Jetzt wurde die Veranstaltung, die in der Aula des Verteidigungsbezirkskommandos 10 in der Harvestehuder Sophienterrasse stattfinden sollte, abgesagt.
Nach dem Sprengstoffanschlag auf die Ausstellung in Saarbrücken am Dienstag morgen zog die Bundeswehr ihre Genehmigung für den Raum wieder zurück. „Die Bundeswehr hatte Sicherheitsbedenken“, erklärte gestern der Präsident der „Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik“ (GfW), Klaus-Dieter Uelhoff. Die GfW, die Proske eingeladen hatte, „schließt sich der Bundeswehr an“, betonte er, „schließlich sind wir eine demokratische Vereinigung“. Der Hamburger Sektionsleiter, Oberst a.D. Manfred Backerra, sieht die ganze Angelegenheit etwas anders: „Notfalls hätten wir die Veranstaltung per Feldjäger gesichert und die Polizei informiert.“ Außerdem habe ihm ein Angebot vorgelegen, den Vortrag Proskes in anderen Räumlichkeiten stattfinden zu lassen.
Dies bestätigt auch Proske selbst: „Herr Backerra teilte mir am Mittwoch mit, daß er über einen Bekannten einen Raum in einem Lokal bei der Staatsoper organisieren könne.“ In dem fraglichen Restaurant wußte man gestern nichts von einer entsprechenden Saalbuchung, denn schon einen Tag später mußte sich der Oberst a. D. entschuldigen. Der „Präsident der GfW hatte ihm mitgeteilt“, so Proske, „daß man angesichts der Lage Sicherheitsbedenken habe.“
Tatsächlich wurde Backerra am Mittwoch abend darüber in Kenntnis gesetzt, daß die Veranstaltung abzusagen sei. Als er die Anweisung schriftlich haben wollte, teilte Uelhoff seinem Sektionsleiter am Mittwoch abend um 22.30 Uhr per Fax mit, daß die GfW nichts gegen die Öffentlichkeitspolitik der Bundeswehr unternehmen wolle.
Dieses Schreiben brachte Backerra auf die Palme: „Er hat mir zwar gesagt, er habe nichts gegen den Vortragenden und das Thema. Aber in Wirklichkeit befürchtet er Repressionen des Bundespresseamtes.“ Bei der Absage handele es sich um eine Einschränkung der Meinungs- und Informationsfreiheit, und es sei „unerhört, was da passiert. Darüber muß bei der nächsten Bundesversammlung geredet werden.“
Ingeborg Kaiser-Bauer vom Bundespresseamt bestätigte, daß es aufgrund eines Berichts des ARD-Magazins Panorama vom 4. Februar zu Vorträgen der GfW mit rechtsextremen Referenten Mitte Februar ein Gespräch mit dem Präsidenten und dem Geschäftsführer der Gesellschaft gegeben habe. „Wir haben dabei nachdrücklich darauf hingewiesen, daß in Zukunft etwas sensibler mit der Auswahl der Themen und Referenten umgegangen werde.“
Immerhin erhielt die GfW in der Vergangenheit jährlich 400.000 Mark von der Bundesregierung. Mit Repressionen sei jedoch nicht gedroht worden. Im konkreten Fall habe man nichts unternommen, da signalisiert wurde, daß der Vortrag ausfalle.
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