: Berlin – es war einmal
■ Als Künstler die Stadt markierten. Eine subtile Doku aus der Wendezeit (Sa., 21.10 Uhr, 3sat)
Berlin, im Frühsommer 1990: Die Mauer ist gefallen und mit schwerem Gerät abtransportiert. Noch ist das Land geteilt in DDR und BRD, ab 1. Juli soll die Währungsunion gelten. Wie eine runzlige Narbe zieht sich da der ehemalige Grenzstreifen mitten durch die Stadt. Niemandsland, oder besser: offenes Gelände. Und ein Ort für die Kunst. Ein rundes Dutzend internationaler Künstler hat S-Bahnhöfe, Brachen und Industrieruinen in Beschlag genommen. Sie zeigen keine Kunstwerke im herkömmlichen Sinn. Vielmehr haben sie Markierungen gesetzt, im Stadtraum vorsichtig Zeichen installiert, die Hinweise zu geben versuchen auf etwas, das man vielleicht den historischen Zusammenhang nennen könnte.
Die Ausstellung „Die Endlichkeit der Freiheit“ war die erste West-Ost-Kunstschau in Berlin, und sie ist bis heute die wahrscheinlich wichtigste ihrer Art geblieben. Der mit Unterstützung der Dokumentarabteilung der Defa 1990 gedrehte, trotz zahlreicher Auszeichnungen noch nie im deutschen Fernsehen gesendete Film von Heinz Peter Schwerfel, benannt nach dem Titel der Bilderschau, folgt Künstlern wie Barbara Bloom, Christian Boltanski und Mario Merz, Hans Haacke, Rebecca Horn und Jannis Kounellis in langen Einstellungen auf ihren Wegen zur Kunst. Schwerfel läßt sie ihre Arbeiten erklären, hat immer wieder rares historisches Material aus alten Defa-Beständen dazwischengeschnitten. Und Heiner Müller, der Erzähler, fährt S-Bahn.
Herausgekommen ist dabei weit mehr als die Dokumentation einer außergewöhnlichen Ausstellung. Es ist ein Film über die Stadt selbst, als sie tatsächlich noch im mittlerweile totzitierten Umbruch war. Der leere Potsdamer Platz, die spärlich beleuchteten unterirdischen Bahnhöfe im früheren Sperrgebiet, die verfallenen Lagerhäuser am Ostufer der Spree – keine zehn Jahre sind seither vergangen. Berlin? Nicht wiederzuerkennen. Was übrig ist, sind Fragmente von Erinnerung – und Bilder wie diese. Ulrich Clewing
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen