: Reformpaket Staatsbürgerrecht gepackt
■ Koalitionsspitzen billigen Entwurf mit FDP-Optionsmodell
Bonn (taz) – Das Kompromißpaket zur Reform des Staatsbürgerschaftsrechtes ist festgezurrt. Die Koalitionsspitzen von SPD und Grünen haben am Donnerstag abend dem mit der FDP ausgehandelten Entwurf von Innenminister Otto Schily ihr Plazet gegeben. Richtig freuen konnte sich die Fraktionssprecherin der Grünen, Kerstin Müller, gestern immer noch nicht: „Wir wollen das Optionsmodell nicht.“ Sie habe nach wie vor verfassungs- und verfahrensrechtliche Bedenken. Trotzdem hat sie zugestimmt. „Die Alternative wäre gewesen, gar nichts zu machen.“
Das Gesetz wird das 85jährige Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz ablösen. Schon in der nächsten Woche soll es in den Bundestag eingebracht werden, damit es noch vor der Sommerpause in Kraft treten kann. Kernpunkt ist die Einführung des Territoralprinzips (Jus soli): Wer in Deutschland geboren wird, bekommt auch den deutschen Paß. Kinder ausländischer Eltern dürfen zusätzlich bis zu ihrem 23. Lebensjahr den Paß ihres Herkunftslandes behalten. Spätestens dann müssen sie sich für eine Staatsangehörigkeit entscheiden (Optionsmodell). Voraussetzung ist, daß die Eltern seit 8 Jahren rechtmäßig in Deutschland leben. Das Gesetz gilt nach dem Willen der Grünen rückwirkend für alle Kinder bis zum Alter von 10 Jahren. Allerdings wird in diesen Fällen die Staatsbürgerschaft nur auf Antrag erteilt.
Um die deutsche Staatsangehörigkeit behalten zu können, muß der Verlust der alten Staatsangehörigkeit nachgewiesen werden. Ausnahmen werden gemacht, wenn das Herkunftsland „regelmäßig“ nicht aus seiner Staatsbürgerschaft entläßt. Leichte Verbesserungen wird es bei der Einbürgerung erwachsener Ausländer geben. Nicht mehr 15, sondern 8 Jahre müssen sie in Deutschland gelebt haben. Die Bedingungen sind: ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, der Besitz einer Aufenthaltserlaubnis und ausreichende Sprachkenntnisse. Die Grünen konnten in den Verhandlungen mit Schily durchsetzen, daß erst eine Verurteilung zu 180 – und nicht schon eine zu 90 – Tagessätzen zum Verlust des Rechts auf Einbürgerung führen kann.
Ein Recht auf Einbürgerung hat auch, wer ohne eigene Schuld seinen Lebensunterhalt mit Arbeits- oder Sozialhilfe bestreiten muß. Im zweiten Schily-Entwurf hieß es noch, daß niemand eingebürgert werde, der nicht „nachhaltig“ von eigenen Einkünften leben könne. Die Einbürgerung „kann“ versagt werden, wenn ein Ausweisungsgrund vorliegt. Thorsten Denkler
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