Kommentar: Peanuts statt Kokain
■ Warum originelles Verkaufen von Politik das Drogenproblem nicht beseitigt
Innovativ ist Gesundheitssenatorin Karin Roth in der Tat. Vor allem wenn es darum geht, ihre Politik zu verkaufen. Von zwei Fixerräumen im Schanzenviertel zu sprechen, nur weil der einzige dort existierende jetzt längere Öffnungszeiten hat, ist an Originalität beeindruckend. Das Drogenproblem in Hamburg löst es allerdings nicht.
Akupunkturbehandlung ist für Suchtkranke nicht nur eine wirksame Alternative zu sonstigen Therapieformen. Für die KonsumentInnen von Kokain ist sie sogar die einzige Chance, gegen die Sucht anzukämpfen. Denn das Drogenhilfesystem ist fast auschließlich an Heroin oder Alkohol orientiert – obgleich Kokain schon lange keine „Yuppiedroge“ mehr, sondern weit verbreitet ist. Und daß Akupunktur gerade bei Kokain-KonsumentInnen Erfolge zeigt, bestätigt auch die Gesundheitssenatorin.
Auch der Hinweis von Roth, daß in Hamburg noch andere Träger und ÄrztInnen Akupunktur anbieten, kann die Lücke nicht füllen, die entsteht, wenn die Ambulanz der Palette schließt. Die aufzusuchen, kostet weniger Überwindung, als sich gegenüber einem niedergelassenen Arzt zur Sucht zu bekennen – gerade für Menschen, die noch beruflich integriert sind, was bei vielen KokainkonsumentInnen üblich ist.
Die Chance, sie niedrigschwellig im Drogenhilfesystem anzubieten, liegt in der Akupunktur. Sie zu nutzen, kostet die Gesundheitssenatorin nicht mehr als 100.000 Mark – was für ihre Mammutbehörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales wahrlich „Peanuts“ sind.
Elke Spanner
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