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Berlin-Sicherheit hängt am Tropf

■ Innensenator Werthebach fordert massive personelle und finanzielle Unterstützung des Bundes für die Sicherung der Hauptstadt. Bundesgrenzschutz soll alle Ministerien bewachen

Auch wenn es der Berliner Innensenator Eckard Werthebach (CDU) gestern vehement in Abrede stellte: Es bedurfte offenbar der schlimmen Ereignisse am israelischen Generalkonsulat, um die Sicherheitsplanung in der Hauptstadt voranzutreiben.

Werthebach verkündete, daß Berlin mit dem Bund darüber verhandeln wird, sich stärker beim Schutz der Parlaments- und Regierungsbauten in der Stadt zu engagieren. Konkret: Der Bundesgrenzschutz (BGS) soll künftig alle Bundesministerien schützen und sich auch an den Raumschutzkonzepten der Berliner Polizei beteiligen. In Bonn ist der BGS lediglich für den Objektschutz des Bundeskanzler- und des Bundespräsidialamtes zuständig sowie für das Auswärtige Amt, Innen- und Justizminsterium. Selbiges war bislang auch in Berlin unter Einbindung von 800 BGS-Beamten geplant. Möglicherweise müsse die Zahl „verdoppelt werden“.

Aber Berlin hat nicht nur Personalwünsche, sondern stellt auch Kostenforderungen. So kündigte der Innensenator gestern an, daß mit dem Bundeskanzleramt neu über den Finanzierungsschlüssel für die Erschließung des Regierungsviertels verhandelt werden soll. Anders als in Bonn wollte der Bund nicht 80, sondern nur 64 Prozent der Kosten übernehmen. Es sei nicht zu verstehen, daß Berlin schlechter gestellt werde als „das reiche Nordrhein-Westfalen“.

Wie viele Beamte des BGS an die Spree abkommandiert werden, sei ihm letztendlich egal, sagte Wertebach. Hauptsache die Berliner Polizei, die mit einem Polizisten pro 187 Einwohnern die höchste Polizeidichte in der Bundesrepublik hat, werde entlastet. Seit den Kurdenprotesten hätten die Beamten „mehrere hundertausend“ Überstunden“ abgeleistet. Weitere Personaleinsparungen halte er deshalb „für unvertretbar“, verwahrte sich Werthebach gegen die vorgesehene Kürzung von weiteren 635 Polizeistellen. Seit 1996 sei die Polizei bereits um 2.000 Beamte reduziert worden.

Mit seiner Pressekonferenz „Hauptstadtfähigkeit der Berliner Polizei“ war der Innensenator der Berliner Gewerkschaft der Polizei (GdP) zuvorgekommen, die heute zu demselben Thema geladen hat. Die GdP hält die Polizei nicht für hauptstadtfähig und beklagt ebenso wie die Abgeordenten von SPD, Grünen und PDS ein fehlendes Sicherheitskonzept. Dieser Kritik suchte Werthebach mit seinen an die Bundesregierung gerichteten Forderungen die Spitze zu nehmen. Zum Beweis dafür, daß es sich nicht um bloße Appelle handele, verwies er darauf, daß er einen „ausgewiesenen Fachmann“ gewonnen habe, der die Gespräche über die Ausarbeitung einer Sicherheitspartnerschaft zwischen Bund und Berlin koordinieren werde: den Ministerialdirektor a.D. Schattenberg, der als Polizeiabteilungsleiter unter dem abgewählten CDU-Bundesinnenminister Manfred Kanther tätig war. Schattenberg sei für Berlin ein „Schnäppchenfall“, weil der Bund 75 Prozent der Bezüge des in den einstweiligen Ruhestand versetzten Beamten bezahle.

Zur Bannmeile bereitet derzeit der Bundestag ein Gesetz vor. Werthebach begrüßte, daß die Bannmeile künftig „befriedeter Bezirk“ heißen soll. Das heißt: Wenn das Parlament nicht tagt, darf demonstriert werden. Plutonia Plarre

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