: Wider die Schwellenangst
Wohnen im Alter: Einfache technische Hilfsmittel bewältigen altersbedingte Alltagsprobleme in den eigenen vier Wänden ■ Von Kristina Maroldt
Eine Altbauwohnung im vierten Stock: Parkett, hohe Räume und ein traumhafter Blick auf die Stadt. Was sich für junge Menschen verführerisch anhört, kann für ältere MieterInnen zum Alptraum werden: kein Lift, der einem den steilen Aufstieg im düsteren Treppenhaus erspart, schmale Türen, durch die kein Rollstuhl paßt, Türschwellen, über die man nur allzu leicht stolpern kann.
Erika Hentschel wollte sich ein solches Szenario nicht antun. „Ich habe hier einen Fahrstuhl im Haus und breite Türen ohne Schwellen“, beschreibt die 65jährige begeistert ihre altenfreundlich ausgerüstete Wohnung. „Es gibt in der Wohnanlage sogar ein hauseigenes Notrufsystem und einen Seniorenclub, wo man andere Leute kennenlernt und gemeinsam etwas unternimmt.“
Erika Hentschel ist Mitglied der Baugenossenschaft Dennerstraße, die sich bereits seit einiger Zeit besonders um ihre älteren MieterInnen kümmert, indem sie die Wohnungen barrierefrei gestaltet und zusätzliche Dienstleistungen vermittelt. Damit reagiert die Genossenschaft auf den stetig wachsenden Anteil von älteren Menschen unter ihrer Mieterschaft: 37 Prozent ihrer Mitglieder sind derzeit über 63 Jahre alt.
Wenn ältere Menschen möglichst lange in ihrer eigenen Wohnung selbständig leben, ist das nicht nur im Sinne der Baugenossenschaften, die dadurch ihre MieterInnen länger behalten. 90 Prozent der älteren Generation ziehen ein selbständiges Leben in den eigenen vier Wänden einem Heimaufenthalt vor. Zumal sich die meisten altersbedingten Alltagsprobleme mit einfachen technischen Hilfsmitteln wie rutschfesten Bodenbelägen oder einem Haltegriff im Badezimmer beheben lassen.
Doch eine altengerechte Umgestaltung der Wohnung, die übrigens von den Pflegekassen oder der örtlichen Wohnungsbaukreditanstalt bezuschußt wird, ist längst nicht mehr die einzige Alternative zum „Altersheim“: „Es gibt heute jede Menge Zwischenlösungen“, erklärt Ulrich Kluge vom Seniorenbüro Hamburg. „Man kann MieterIn in einem Altenstift oder einer Altenwohnanlage werden oder in eine selbstverwaltete Wohngemeinschaft ziehen.“ Eine weitere Möglichkeit ist das sogenannte Betreute Wohnen, bei dem die SeniorInnen eine altengerechte Wohnung mieten und pflegerische Dienstleistungen individuell mit dem Träger der Einrichtung vereinbaren können.
An alle, die sich umfassend über die verschiedenen Wohnformen informieren wollen, wendet sich jetzt die Hamburger Koordinierungsstelle „Selbstbestimmt Wohnen im Alter“. Ab April gibt es dort eine telefonische Beratung – kostenlos und auf individuelle Bedürfnisse abgestimmt. Die Koordinierungsstelle ist Teil eines vom Bund geförderten Modellprojekts und wird seit einem halben Jahr vom Paritätischen Wohlfahrtsverband, dem Verein Barrierefrei Leben und dem Seniorenbüro Hamburg betrieben. Neben dem Aufbau eines multimedialen Informationssystems wollen sich die OrganisatorInnen verstärkt um alternative Wohnformen kümmern und das erste Hamburger Wohnforum gründen, in dem Wohnprojekte, Träger und Betroffene sich austauschen und nach neuen Lösungen suchen können.
Dabei richten sich die Aktivitäten des Modellprojekts längst nicht nur an die rund 400.000 HamburgerInnen jenseits der 60: Mit der Planung, da sind sich die OrganisatorInnen einig, könne gar nicht früh genug begonnen werden.
Telefonberatung durch die Koordinierungsstelle: dienstags 14 bis 16 Uhr unter Tel.: 22 69 81 00; ab 15. April zusätzliche Beratung mittels SeniorenTEXT im Videotext von HH1 ab Seite 710.
Ebenfalls ab 15. April Ausstellung technischer Hilfsmittel für die altenfreundliche Wohnung bei Barrierefrei, Richardstraße 45, 22081 Hamburg, Tel.: 29 99 56 56.
Informationen über alternative Wohnformen beim Seniorenbüro Hamburg, Steinstraße 19a, 20095 Hamburg, Tel.: 30 39 95 07.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen