■ Wofür Gerhard Schröder Franz Müntefering braucht
: Doppelpaß mit Partei und Medien

Parteivorsitzender und Bundeskanzler – zwei Riesenaufgaben in einer Hand. Kann das funktionieren, wenn schon Oskar Lafontaine an einem ähnlichen Doppelpack scheiterte? Oder geht es doch? Bei Gerhard Schröder könnte es klappen. Die Bedingungen sind gar nicht einmal schlecht.

Politische Reibungsverluste werden vermieden, wenn Partei und Kanzleramt in einer Hand verbunden und zudem durch Ankoppelung der Bundestagsfraktion eine politische Aktionseinheit geschaffen wird, die etwa für das britische Regierungssystem typisch ist. Institutionell liegt dann beim Kanzler mehr Macht als beim US-Präsidenten.

Dieses Kunstwerk kann nur gelingen, wenn Schröder jemand findet, der als sein Hausmeister dieses komplizierte Gebilde SPD zusammenhält. Er muß sozialdemokratischen Stallgeruch haben, über eine Hausmacht verfügen, mit allen Wassern gewaschen sein – und dennoch nicht den Ehrgeiz haben, selbst Kanzler zu werden. Bedenkt man diese Kriterien, dann wundert es nicht, daß der Name Franz Müntefering fällt – als Generalsekretär oder als geschäftsführender stellvertretender Parteivorsitzender, Ämter, die statuarisch erst noch eingerichtet werden müssen.

Müntefering ist in der nordrhein-westfälischen SPD verwurzelt. Er ist überzeugt, daß die Sozialdemokratie auch in Zukunft Mitglieder- und Funktionärspartei bleiben soll. Und er verfügt über eine sozialdemokratische Bilderbuchkarriere. Er entstammt einer katholischen Arbeiterfamilie, Gewerkschafter, Juso, Land- und Bundestag, Vorsitzender des mitgliederstärksten SPD-Bezirkes Westliches Westfalen. Es folgte der Job als Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, dann Bundesgeschäftsführer der SPD – ein Mann der Organisation.

Eine Irritation bleibt zwischen Kanzler und seinem möglichen Majordomus: Schröder hatte Müntefering wohl ursprünglich zugesagt, ihn zum Kanzleramtsminister zu machen – dann kam Bodo Hombach. Wenn dieser Punkt bereinigt werden kann, stehen die Chancen für Schröder, die Doppelbelastung zu meistern, nicht schlecht. Der Kanzler und sein Parteimann könnten dann elegante Doppelpässe spielen: Schröder, der Liebling der Mitglieder, integriert populistisch die Partei von außen über die Medien – Müntefering, der Liebling der Funktionäre und der Traditionskompanie, hält die Sozialdemokratie von innen zusammen. Und Bundesgeschäftsführer Ottmar Schreiner würde der getreue Eckart der sogenannten Linken. So könnte die Verbindung der Partei Lafontaines zu der Schröders gelingen. Peter Lösche

Der Autor ist Professor für Politologie in Göttingen