: Rückschritt zum preußischen Rechtszustand
■ Ex-Innenminister Hirsch unterstützt Initiative gegen geplante ASOG-Verschärfung
Die von CDU und SPD geplante Verschärfung des Berliner Polizeigesetzes ASOG wird nun auch von dem ehemaligen Bundesinnenminister und ehemaligem Bundestagsvizepräsident Burkhard Hirsch (FDP) kritisiert. Er hält vor allem die geplante Verinfachung von Personenkontrollen für völlig überzogen. „Wir kehren zurück zum preußischen Rechtszustand von 1850“, erklärte Hirsch gegenüber der taz. „Ein Polizist findet immer eine Begründung, eine Personenkontrolle durchzuführen.“
Hirsch unterstützt mit seiner Kritik die „Kampagne gegen die ASOG-Verschärfung“. In ihr haben sich wie berichtet zahlreiche Berliner Bürgerrechtsorganisationen – darunter die „Internationale Liga für Menschenrechte“, das „Bündnis gegen Polizeiwillkür“ oder die „Gustav-Heinemann-Initiative“ – zusammengeschlossen.
Bei ihrer gestrigen Vorstellung kritisierte die Kampagne die zunehmenden Kontrollbefugnisse der Polizei aufs schärfste. „Im 50. Jahr nach der Verabschiedung des Grundgesetzes haben sich die Berliner Fraktionen der SPD und CDU erneut entschieden, Grundrechte einzuschränken“, heißt es in ihrer Erklärung, der sich mit einer Unterschrift möglichst viele Initiativen, Vereine oder Privatpersonen anschließen sollen, um eine breite Öffentlichkeit zu erreichen.
Nach der geplanten Gesetztesinitiative soll es zukünftig möglich sein, einzelne Personen ohne konkreten Verdacht, nur aufgrund einer „Lageeinschätzung“, zu kontrollieren oder den Zugang zu bestimmten Gebieten zu untersagen.
„Damit wird die im Verfassungsrecht verankerte Unschuldsvermutung auf den Kopf gestellt“, sagte Martin Kutscha von der Humanistischen Union Berlin-Brandenburg auf der gestrigen Pressekonferenz. Die Personalkontrollen dienen, nach Ansicht von Kutschka, nicht der Strafverhütung, sondern der Strafverfolgung und seien somit Sache des Bundes und nicht des Landes Berlin. Ein solches Gesetz, das in ähnlicher Weise bereits in Bayern existiere, sei in Berlin ohne Grundlage, so Kutschka weiter. „Berlin hat keine direkten Landesgrenzen, und Polen gehört nicht zum Schengener Abkommen, hier werden die Pässe ohnehin beim Grenzübertritt weiterhin kontrolliert“, so Kutschka.
Philip Wendt vom „Arbeitskreis kritischer Juristinnen und Juristen“ der Humboldt-Universität befürchtet, „mit der 'Blankettvollmacht‘ der Polizei werde das Demonstrationsrecht ausgehöhlt“.
Die Initiative will nun bis zum geplanten Parlamentsbeschluß am 29. April mit Informations- und Diskussionsveranstaltungen versuchen, zumindest die Politiker der SPD doch noch umzustimmen.
Sabine Kalinowski
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