: Wasserpaten
Träge fließt Vater Rhein am schönen Biebricher Schloß bei Wiesbaden vorbei – ein Anblick wie aus vergangenen Zeiten, als Schlösser die Uferbebauung krönten und der Fluß noch sauber und voller Fische war. Es ist sein Gedenktag. Der 22. März eines jeden Jahres wurde von der UNO zum „Tag des Wassers“ proklamiert. Und drinnen im Schloß verleiht die „Naturfreunde Internationale“ diesem Gedenktag Nachdruck mit ihrer Kampagne „Blaue Flüsse für Europa“.
Entmüllen, entrümpeln, rückführen, kurz: Renaturierung und Sicherung naturnaher Gewässer sind der Kern des Aktionsprogramms. Die Naturfreunde propagieren „Gewässerpatenschaften“, ein Betreuungsmodell, das in Deutschland schon weit verbreitet ist: engagierte Gruppen, zumeist Anrainer, übernehmen Patenschaften für Gewässerabschnitte, sie entnehmen Gewässerproben, kartieren, sorgen für Durchgängigkeit der Wasserläufe, bepflanzen Uferabschnitte, kaufen sie auch auf.
Der greise Nestor des „vernetzten Denkens“ und Club-of-Rome-Mitglied Frederic Vester spricht dieser Art Bürgerengagement an diesem Tag Mut zu. Er selbst, so erklärt Vester, setze beim verantwortungsvollen Wasserumgang auf die Initiativen auf Gemeindeebene. Von der internationalen Wasserpolitik zeigt er sich beunruhigt: Noch immer sei ein Wassermanagement an der Tagesordnung, „das die Wasserkreisläufe nicht beachtet“. Und für die Zukunft sieht er immense Kosten und weltweite Verteilungskämpfe ums Wasser heraufziehen. Eher nebenbei wird deutlich, daß sich Hessen in den vergangenen Jahren als Musterländle für Gewässerschutz profiliert hat. Zumindest kartographisch: Im Umweltministerium wurden 22.500 Kilometer Fließgewässer penibel registriert und alle 100 Meter auf ihren Zustand hin bewertet. Zur Orientierung für Renaturierungen stellt der Vertreter der Umweltbehörde sogar „Leitbildgewässer“ vor.
250 Bachpatenschaften gibt es derzeit in Hessen, ein Großteil davon decken die hessischen Naturfreunde ab. Politische Rückwirkungen ihres Engagements auf die europäiische Wassserpolitik sind erwünscht, vor allem auf EU-Ebene im Rahmen der Agenda 2000. Nicht nur, weil Flüsse grenzüberschreitend sind – die europäischen Wasserprobleme sind es auch. „Das Hauptproblem sind die diffusen Schadstoffe aus der Landwirtschaft“, so Manfred Pils, der Generalsekretär der Naturfreunde Internationale. Er sieht beim Thema „Flußläufe“ große Chancen, Menschen für eine nachhaltige Umweltpolitik zu aktivieren. „Ein natürlicher Flußlauf ist das, was jeder gern möchte.“ Hier werden, weiß Manfred Pils, nachhaltig Emotionen wach. Christel Burghoff
Naturfreunde Internationale, Diefenbachgasse 36,
A – 1150 Wien
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