: Adleraugen gegen Euro-Blüten
■ Die EU eröffnet ein Sekretariat zur Sicherheit der Währung in Berlin. Vom Jahr 2002 an sollen 350 neue Arbeitsplätze entstehen
Der Euro-Gipfel der vergangenen Woche bringt Berlin einen unverhofften Gewinn: Die 15 Staats- und Regierungschefs der EU-Länder einigten sich am Rande des Treffens darauf, in Berlin eine neue Europa-Behörde anzusiedeln. Das „Sekretariat für die Sicherheit der Europäischen Währung“ soll ab Januar 2002 mit etwa 350 Beamten nach Berlin ziehen. Das bestätigte die EU-Kommission jetzt auf Nachfrage. Das Sekretariat mit dem Kurznamen „Euroschein“ oder englisch „Eurobill“ soll vor allem gegen Fälschungen vorgehen, die bei den neuen Euro-Geldscheinen erwartet werden.
„Berlin hat sich als Standort qualifiziert, weil hier ein europafreundliches Klima herrscht und großer Sachverstand versammelt ist“, sagte Centavo Dinero von der Generaldirektion II der EU-Kommission für Wirtschaft und Finanzen. Außerdem sei bereits die Bundesdruckerei in der Stadt angesiedelt, die hier die Geldscheine für Deutschland druckt.
Beim Rennen um die begehrte Behörde habe Berlin Finanzmetropolen wie Mailand, Frankfurt oder London ausgestochen, hieß es aus der EU-Kommission. Ausschlaggebend sei dabei auch gewesen, daß die Berliner Polizei bereits umfangreiche Erfahrung mit osteuropäischen Geldfälscherbanden gesammelt habe. Deren Fälschungen sind nach Aussagen von Experten so gut gemacht, daß ihre Echtheit nur durch einen genauen Farbtest zu beweisen war.
Für diese Untersuchung braucht es allerdings eine medizinische Besonderheit: den „perfekten Farbblick“, ähnlich dem „perfekten Gehör“ in der Musik. Und nach einer Untersuchung der europäischen Statistikstelle Eurostat ist es aufgrund einer genetischen Besonderheit wesentlich wahrscheinlicher, Menschen mit einer solchen Begabung in Deutschland zu finden als in den anderen Ländern der EU.
Die Berliner Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) begrüßte die Entscheidung als „Anerkennung Europas für den fiskalpolitischen Weg des Senats, über strikte Haushaltsdisziplin zur Gesundung der öffentlichen Finanzen zu gelangen.“ Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen begrüßte vor allem, daß die 350 „hochqualifizierten Mitarbeiter“, einen wichtigen Beitrag zur „internationalen Metropole Berlin“ leisten würden.
Wissenschafts-Staatssekretär Ingolf Hertel sagte, der EU-Beschluß sei ein „Meilenstein für den Wissenschaftsstandort Berlin“. Das Zentrum für Optoelektronik in Adlershof arbeite bereits an einem Testgerät für Euro-Noten, das die „Euroschein“-Mitarbeiter in ihrer Arbeit unterstützen könne.
Auch der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) hofft auf eine Zusammenarbeit mit dem neuen Institut. „Wir glauben, daß wir die Kritik an der Sicherheit der Verbundtickets auf diese Weise entkräften können“, sagte VBB-Chef Uwe Stindt. Bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) stößt dieser Vorschlag jedoch auf wenig Gegenliebe. „Wenn wir unsere Fahrscheine aufwendigen Testverfahren unterziehen sollen“, erklärte BVG-Sprecher Klaus Wazlak, „dann muß uns der Senat erst einmal sagen, wie wir das überhaupt finanzieren sollen.“ taz
„Berlin hat sich qualifiziert, weil hier ein europafreundliches Klima herrscht und großer Sachverstand versammelt ist“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen