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Massenaustritt von Serben aus der SPD

■  100 serbische SPD-Mitglieder wollen aus Protest gegen die Haltung der rot-grünen Regierung zum Kosovo-Krieg aus der Partei austreten, wenn es keinen Kurswechsel gibt. Anlaß ist Parteitag in Bonn am Montag

Der SPD steht eine Austrittswelle ihrer aus Jugoslawien stammenden Mitglieder bevor. Die Berliner „Serben in der SPD“, ein inoffizielles Parteigremium, haben angekündigt, geschlossen aus der Partei auszutreten. Anlaß ist der am kommenden Montag in Bonn stattfindende Sonderparteitag, auf dem der Krieg im Kosovo das bestimmende Thema sein wird.

„Die Partei wird dort ganz auf Regierungslinie getrimmt“, befürchtet Mirko Jovic, Serbe und SPD-Mitglied in Spandau. Er ist wegen seiner Mitarbeit in der SPD-Migrationsstelle Anlaufpunkt für Serben.

Laut Jovic sind rund 100 Serben in der Berliner SPD fest organisiert, und „im gewerkschaftlichen Umfeld gibt es viele Sympathisanten und Mitarbeiter“. Viele stammten aus der ersten Gastarbeitergeneration und seien längst eingebürgert. Der Landesverband hat insgesamt 21.000 Mitglieder. Jovic läßt aus Protest gegen das Vorgehen der rot-grünen Regierung im Kosovo-Konflikt wie viele seiner Landsleute seit Beginn des Bombardements alle seine Ämter, etwa in der bezirklichen Wahlkampfkommission, ruhen. „Die kritischen Stimmen werden bereits im Vorfeld des Parteitags mundtot gemacht“, befürchtet Jovic.

Die Nato-Angriffe sehen die SPD-Serben als „verbrecherischen Akt“, und „daß die SPD aus Parteidisziplin vor der Regierung Schröder kuscht, ist eine Schande“, so Jovic. „Die Regierung übt Druck auf die Partei aus“, sagt er. Er spricht sich grundsätzlich gegen Gewalt aus, zu den Machenschaften des Miloevic-Regimes will er sich aber nicht äußern. Jovic und die anderen Mitglieder fordern die Parteiführung auf, innerparteiliche Kritik stärker zuzulassen, und verlangen die Einstellung der Bombardierungen.

Ein anderer 47jähriger Serbe, der seinen Namen nicht nennen will, meint: „Das ist nicht mehr die Partei, die ich kenne.“ Für die Serben in der SPD steht fest: Geht der Parteitag ohne „kritisches Signal“ über die Bühne, geben sie ihre Parteibücher zurück. „Das ist kein Protestaustritt“, sagt einer, der seit fünf Jahren Mitglied ist, „aber ich sitze mit der SPD dann nicht mehr im selben Boot.“

Jugoslawische Sozialdemokraten werden nicht unter den dreizehn Parteitagsdelegierten aus Berlin sein, hieß es aus dem Weddinger Kurt-Schumacher-Haus, der SPD-Parteizentrale. Und die Bundeszentrale der SPD konnte gestern noch nicht sagen, ob es auf dem Parteitag lediglich bei einer Aussprache zum Thema Kosovo bleibt – oder ob es zu einer Abstimmung über die Haltung der Bundesregierung zum Kosovo-Krieg kommen wird.

Klaus-Uwe Benneter, stellvertretender SPD-Landesvorsitzender und Parteitagsdelegierter, kann den „Zwiespalt der serbischen Mitglieder verstehen - solche Zweifel haben wir alle“. Benneter erwartet daher eine offene Aussprache auf dem Parteitag. „Dennoch“, sagte er, „lassen wir die Regierung nicht im Regen stehen“, ein Protestvotum bei den Parteitagswahlen erwarte er nicht. Die Vorwürfe der Serben in der SPD wies er zurück: „Die Partei läßt sich nicht kaltstellen, aber eine international eingebundene Regierung benötigt auch Rückendekkung.“ Christoph Rasch

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