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Kofi Annan taucht aus der Versenkung auf

■ UN-Generalsekretär stellt Belgrad Bedingungen für ein Ende des Krieges. Frankreich bestätigt Zusammenarbeit der Nato mit der UCK

UN-Generalsekretär Kofi Annan hat die jugoslawische Regierung zu einem „sofortigen Waffenstillstand“ und einem Rückzug ihrer Truppen aus dem Kosovo aufgefordert. Außerdem müsse Belgrad die „Einschüchterung und Vertreibung der Zivilbevölkerung“ umgehend beenden und der Stationierung einer internationalen Streitmacht zustimmen, damit die Rückkehr der Flüchtlinge gewährleistet werden könne. Wenn Belgrad diese Bedingungen erfüllt habe, sei die Nato aufgefordert, ihre Luftangriffe gegen Jugoslawien sofort auszusetzen. Die Einstellung der Feindseligkeiten sei Voraussetzung für eine „dauerhafte politische Lösung“ der Krise, die nur diplomatisch zustande kommen könne.

Die jugoslawischen Streitkräfte haben ihre Offensive im Kosovo offenbar vorerst gestoppt. Es gebe Anzeichen dafür, daß statt dessen Verteidigungspositionen eingenommen würden, sagte der Generalinspekteur der Bundeswehr, Hans-Peter von Kirchbach, gestern in Bonn. Dafür seien verschiedene Gründe möglich. Einer davon sei, daß Jugoslawiens Streitkräfte wegen der Auswirkungen der Nato-Angriffe nicht mehr voll operieren könnten. Außerdem leide die Armee unter Kraftstoffmangel, was offensichtlich ihre Bewegungsmöglichkeiten einschränke. Kirchbach wollte aber auch nicht ausschließen, daß die Führung in Belgrad einen Teil ihrer Ziele als erfüllt ansehe und deshalb die Offensive gestoppt habe.

Frankreichs Verteidigungsminister Alain Richard hat gestern bestätigt, daß die Nato von der Kosovo-Befreiungsarmee UÇK mit Informationen über mögliche Angriffsziele versorgt wird. Die Informationen würden von der UÇK per Telefon an „einige Partner innerhalb der Allianz“ übermittelt, sagte Richard in Paris. Die Entscheidung, ob dann auch Angriffe geflogen werden, liege aber allein bei der Nato. „Keiner von uns hat die Absicht, die UÇK in eine Hilfskraft der Allianz zu verwandeln“, so Richard. Damit widersprach er Nato-Generalsekretär Javier Solana, der kurz zuvor behauptet hatte, es gebe keine Kontakte zu den UÇK-Einheiten, die sich im Kosovo aufhalten. Nach französischen Medienberichten ist die UÇK trotz der serbischen Militäraktionen im Kosovo weiterhin sehr aktiv.

Nach einem Bericht des albanischen Fernsehens sollen Zehntausende Flüchtlinge in der Drenica- Region im Zentralkosovo von serbischen Truppen eingekesselt sein. Die Menschen litten Hunger, die Lebensmittelvorräte seien erschöpft, heißt in dem bereits am Donnerstag ausgestrahlten Bericht. Die Truppen bedrohten die aus ihren Häusern vertriebenen Albaner mit Panzern und Heckenschützen. Die Hungernden trauten sich daher nicht vom Fleck und hofften dringend, daß die internationale Gemeinschaft einen Versorgungskorridor schaffe, berichtete das albanische Fernsehen. Eine Bestätigung des Berichts von unabhängigen Quellen gab es zunächst nicht. Die Region Drenica gilt als UÇK-Hochburg.

Laut UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) sei völlig unklar, was mit den Flüchtlingen geschehen sei, die an den Grenze gewartet hatten und ins Landesinnere zurückgeschickt worden seien. Dem UNHCR lägen keine genauen Angaben vor. AFP/rtr/AP

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