: Namibia-Fernreise fürs Klima
■ Das Sonnenofenprojekt des Vereins „Praktische Solidarität International“ in Namibia wird fortgesetzt – im kommenden Sommer auch mit Kochübungen / Teilnehmerinnen können sich noch anmelden
Ob ausgerechnet „Klimapartnerschaft“ der passende Titel für eine Fernreise nach Namibia ist – auch wenn die Teilnehmerinnen dort „Sonnenöfen“ bauen? Elf Bremerinnen würden diese Frage mit einem deutlichen „ja“ beantworten. Sie waren auf Einladung des Bremer Vereins „Praktische Solidarität International“ im vergangenen Jahr in den Flieger nach Süden gestiegen – und von einem dreiwöchigem Afrikaaufenthalt begeistert zurückgekehrt. Im Gepäck hatten sie nicht nur bunte afrikanische Gewänder, Erinnerungsstücke und jede Menge Fotos für die geplante Ausstellung, sondern auch „Erfahrungen, die ich anders niemals hätte sammeln können.“ Das jedenfalls sagt die Bremer Lehrerin Christa Sanders-Terhorst noch heute begeistert. Sie hat einen Video-Film über die Frauenstudienreise gedreht, den sich eine neue Generation reiselustiger Bremerinnen derzeit informationshalber ausleiht – denn die Reise wird im kommenden Juli wiederholt.
Ob die Bremische Evangelische Kirche dazu allerdings wieder eine Öko-Spende beisteuert, ist noch offen. Im vergangenen Jahr hatten die auf Nachhaltigkeit programmierten Christen den Frauen einen Teil der 96.000 Mark gespendet, die 60 evangelische Kirchengemeinden durch verschärftes Energiesparen beiseite legen konnten. Mit dem Kirchengeld wurde die Teilnahme von 14 namibischen Frauen am dreiwöchigen Begegnungsprogramm und am Sonnenofenbau unterstützt.
Sonnenöfen sind eine von mehreren entwicklungspolitischen Spezialitäten des Vereins „Paritätische Solidarität International“. Seit rund 15 Jahren arbeitet der Bremer Verein mit namibischen Nicht-Regierungsorganisationen zusammen – immer unter dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe. Regelmäßig reisen Besuchsgruppen hin und her. „Schon 1991 haben wir in Namibia die ersten Sonnenöfen gebaut“, berichtet beispielsweise ein Gründungsmitglied des Vereins, Edith Schütt. Vor drei Jahren hat sie persönlich 15 solcher Öfen in Kindergärten verteilt und die Erzieherinnen im Kochen angeleitet, erzählt sie. „Das Brennholz wird in Namibia immer knapper.“
Bei der Frauenreise im vergangenen Sommer war Edith Schütt die älteste Teilnehmerin der Gruppe. Dabei war das Programm einigermaßen vollgepackt: Besuche bei zahlreichen Projekten, darunter „Women in small Business“ oder die Frauenzeitschrift „Sister“. Anschließend ging die Fahrt in den Norden, zum Sonnenofenbau. Dort, im weitläufigen, trockenen Flachland lebt die Bevölkerungsmehrheit Namibias. Hier müssen die Frauen von der Ethnie der Ovambo beim Feuerholz sammeln weit laufen; die längste Zeit des Jahres leben sie mit ihren Kindern allein im Gehöft. „Viele Männer arbeiten in den Bergwerken im Süden. Das ist von der Apartheid geblieben“, erklärt Barbara Schüll. Für die Frauen in diesem Gebiet sei der Sonnenofen deshalb ideal: „Er funktioniert auch schon mit wenig Sonne“, hat Barbara Schüll sogar schon in Bremen ausprobiert. „Und er ist relativ einfach zu bauen.“ Eine Holzkiste wird mit Dämmstoffen isoliert. Eine Glasplatte obendrauf sorgt dafür, daß sich der mit Alu ausgekleidete Innenraum, in den richtigen Winkel zur Sonne gestellt, bis auf 140 Grad erwärmt.
Daß der Sonnenofen einfach zu bauen ist – diese Erfahrung machten jedoch nicht alle im Kurs. Manche deutsche Kursteilnehmerin quälte sich zu Beginn ganz schön ab, erinnert sich Reiseteilnehmerin Hiltraud Müller. „Die namibischen Frauen waren oft viel geschickter mit dem Werkzeug.“ Doch für die Begegnung der Frauen aus den verschiedenen Ländern war diese Beobachtung am Ende ein Glück: „Wir waren anfangs ja alle ziemlich verunsichert“, berichtet Hiltraud Müller. Die Ungeschicklichkeit der Deutschen aber habe schließlich dafür gesorgt, daß der Sockel, auf den manche namibische Teilnehmerin die Bremerinnen insgeheim gestellt hatte, zu bröckeln begann.
Die größte Barriere blieb schließlich die Sprache. Das Ovambo der namibischen Frauen konnten Deutschen nicht verstehen. „Ein paar Brocken Englisch konnten nur die Kinder“, berichtet Christa Sanders-Terhorst. „Wir haben uns also mit Händen und Füßen verständigt“ – mit den Namibierinnen, die sich zu der Begegnung vor allem gemeldet hatte, weil sie Sonnenöfen haben wollten. Ihre selbstgebauten Exemplare, für die die evangelische Kirche ihnen das Material gestellt hatte, nahmen sie schließlich mit nach Hause. „Ein solcher Ofen hat dort einen richtigen Wert“, sagt Vereinsfrau Barbara Schüll. Müßten die Frauen das Feuerholz für seine Kochleistung kaufen, hätte er sich bereits in einem halben Jahr amortisiert. Auch diese Tatsache sorge für eine zunehmende Verbreitung der neumodischen Kocheinrichtung.
„Trotzdem wird der Sonnenkocher das traditionelle Kochen auf dem Holzfeuer nie völlig ersetzen“, glaubt Hiltraud Müller. „Das habe ich verstanden, nachdem wir ein paar Tage lang in den Gehöften verschiedener Gastfamilien gewohnt haben.“ Abends werde es dort früh dunkel. „Dann sitzen alle zusammen am Feuer und reden. Die Gesichter sind nur im Schein des Feuers zu erkennen.“ Das Feuer sei vor allem dort, wo elektrischer Strom knapp ist, ein wichtiger Treffpunkt.
„Die nächste Reise wird sich mehr mit dem Kochen auf dem Sonnenofen beschäftigen“, sagen heute die Organisatorinnen. „Wenn wir uns nicht engagieren, wird immer weiter Holz verbrannt.“
Jutta Flerlage
Informationen über die nächste Reise, bei der zur Zeit noch insgesamt fünf Plätze frei sind, gibt es unter Tel.: 0421-72414, email:solidaritaet§primus-online.de. Ein ausführliches Vorbereitungs-Wochenende zu der Reise beginnt am 23. April.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen